(ots) - leich zu Beginn ihres neuen Amtes als
Bundesverteidigungsministerin produzierte Ursula von der Leyen schöne
Bilder als treusorgende "Mutter der Kompanie" bei den
Bundeswehrsoldaten am Hindukusch, für die sie ordentliche Ausrüstung
anmahnte. Das war zweifellos notwendig. Dann preschte sie mit dem
Vorstoß für eine familienfreundliche Armee und Teilzeit-Soldaten nach
vorn. Der Beifall war ihr jedes Mal gewiss. Doch nun strebt die
ehrgeizige Niedersächsin auf einem Feld voran, dass im Fall von
Deutschland mit dem Hinweis auf "militärische Zurückhaltung" geradezu
vermint ist. Von der Leyen will die deutschen Truppen in Mali
aufstocken und zeigt sich offen für Einsätze auch bei anderen
Konflikten, anderswo auf der Welt, in der bürgerkriegsgeschüttelten
Zentralafrikanischen Republik etwa. Die Verve und das Tempo, mit der
die aufstrebende CDU-Frau eine bisherige Konstante der deutschen
Außen- und Sicherheitspolitik schleifen will, überrascht doch sehr.
Es wäre zudem eine Abkehr von der bisherigen, eher zurückhaltenden
Außenpolitik der Kanzlerin. Die Frage ist, ob von der Leyen einen
Kurswechsel mit oder ohne das Wissen Angela Merkels vorbereitet?
Auslandseinsätze der Bundeswehr sind zudem nicht irgendein Feld, auf
dem man sich politisch profilieren könnte, sondern es geht in letzter
Konsequenz auch um Leben und Tod von Soldatinnen und Soldaten.
Bislang hat sich Deutschland wohltuend zurückgehalten. Und das sollte
auch so bleiben - selbst wenn die Partner in Paris, London oder
Washington seit Langem drängen. Dabei steht die Bundeswehr bereits in
Dutzenden Einsätzen unter Uno- oder zumindest Nato-Flagge. Etwa dem
Afghanistan-Einsatz, in den die Bundeswehr unter Kanzler Gerhard
Schröder in übergroßer Treue zu George W. Bush mehr oder weniger
hineingestolpert ist. Mit schweren Verlusten unter den Soldaten von
Bundeswehr und Alliierten sowie Tausenden getöteten Afghanen. Und mit
nur wenigen Erfolgen beim Aufbau eines eigenständigen
nicht-islamistischen Staates. Nicht viel hat sich verbessert am
Hindukusch. Wenn von der Leyen nun als Begründung eines stärkeren
Eingreifens der deutschen Armee anführt, wir dürften nicht zur Seite
schauen, wenn Mord und Vergewaltigung auf der Tagesordnung stünden,
dann liefert sie eine vor allem moralische Begründung für den
Truppeneinsatz. Doch nur auf die Moral zu verweisen, reicht bei
Weitem nicht aus. So sehr die Entrüstung über Völkermord,
Vergewaltigung, Folter und Vertreibung auch nachzuvollziehen ist. Die
moralische Empörung über Verbrechen und Unrecht auf dieser Welt ist
kein hinreichender Grund, um die Bundeswehr in Marsch zu setzen. Noch
dazu dient das moralische Argument häufig zur Verschleierung der
wirklichen Interessen - denen an Bodenschätzen zum Beispiel. Nähme
man von der Leyens Anspruch ernst, dann gäbe es viele Länder und
Regionen, in denen deutsche Soldaten eingreifen müssten. Allein auf
dem afrikanischen Kontinent wären es wohl ein Dutzend, etwa Ruanda,
Sudan, Südsudan, Somalia. Und was ist mit Syrien? Von der Leyen lässt
zwei wichtige Dinge außer Acht: Erstens kann die Bundeswehr nicht
überall auf der Welt als "bewaffneter Friedensstifter" auftreten. Und
zweitens haben rein militärische Interventionen noch nirgendwo
dauerhaft Hunger, Unterdrückung und Diktatur beseitigt. Es bedarf
vielmehr eines abgestimmten internationalen Vorgehens, militärischer,
humanitärer und entwicklungspolitischer Mittel, um massenhaften Mord
und Vertreibung zu beenden.
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