(ots) - Dass sich Politiker aktiv gegen die Einrichtung
von Arbeitnehmervertretungen einsetzen, ist in Deutschland
unvorstellbar und erinnert im ersten Moment an die Zustände in
Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Nun ist die USA natürlich - nicht
mal im Süden - kein autoritäres Regime. Der Fall Volkswagen zeigt
aber, dass es dies- und jenseits des Atlantiks grundsätzliche
Unterschiede im unternehmerischen Selbstverständnis gibt. Sicher, die
Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen ist bei Unternehmen in
Europa ebenso wie in den USA ein beliebtes Instrument, um sich
gewisse Freiheiten und Vorteile zu schaffen und zu sichern. In
Deutschland und weiten Teilen Europas zeigt sich aber zumindest
ansatzweise, dass die Wirtschaft glaubt, von motivierten, gesunden
und engagierten Beschäftigten profitieren zu können. Die
US-Amerikaner sehen aber nach wie vor ihre Version unternehmerischer
Freiheit als heilig an. Jede Einmischung riecht dementsprechend nach
Kommunismus. Die Organisation von Beschäftigten in Gewerkschaften
oder dem vor allem in Deutschland und Österreich verbreiteten
Betriebsrat-System sowieso. Am Beispiel in Tennessee kann man sehen,
dass dieses Denken auch in der Belegschaft verbreitet ist. Die Angst
vor dem Verlust des Arbeitsplatzes war größer als der Wunsch, aus
einer gestärkten Position über Gehälter und Dinge wie
Arbeitssicherheit verhandeln zu können. Volkswagen hat sich in
Chattanooga für den Betriebsrat eingesetzt. Trotzdem wird der Konzern
sicherlich nicht traurig sein, wie bisher in den US-Südstaaten
weitermachen zu können und so von der US-amerikanischen
Unternehmer-Philosophie zu profitieren. Die Attraktivität dieser
Philosophie könnte noch in einem anderen Zusammenhang bald eine Rolle
spielen: beim transatlantischen Freihandelsabkommen.
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