PresseKat - Internationales Steuerpolitikbarometer - Investitionsanreize: In der Krise schwächer als im Boom

Internationales Steuerpolitikbarometer - Investitionsanreize: In der Krise schwächer als im Boom

ID: 102203

Berlin, 13. Juli 2009 – Gerade erst abgeschafft, wurde die degressive Abschreibung zur Konjunkturbelebung wieder eingeführt – allerdings beschränkt auf Ausrüstungsgüter, die 2009 und 2010 angeschafft oder hergestellt werden. Klingt dennoch gut, denn in jedem Fall verschafft die degressive Abschreibung Unternehmen, die in mindestens fünf Jahre nutzbare mobile Güter investieren, erst einmal zusätzliche Liquidität – weil im ersten Jahr das 2,5-fache des linearen Satzes, höchstens 25 Prozent vom Anschaffungswert abgesetzt werden können. „Nicht einzusehen ist jedoch“, so Dr. Ferdinand Rüchardt, Vorstandsmitglied des Beratungsunternehmens Ecovis, „dass der degressive Abschreibungssatz und damit die Steuerentlastung jetzt niedriger ausfällt als vor der Krise.“ Bis zur Abschaffung durch die Unternehmensteuerreform im Jahr 2008 galt nämlich das Dreifache des linearen Satzes, maximal 30 Prozent.

(firmenpresse) - International gesehen dümpelt Deutschland, was Steuererleichterungen und direkte Zuschüsse für Ausrüstungsinvestitionen angeht, nach wie vor im Mittelfeld. Das zeigt das internationale Steuerpolitikbarometer des Beratungsunternehmens Ecovis. Dafür wurden ausgewählte Steuertatbestände in den 24 Länder verglichen, in denen Ecovis-Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien tätig sind. “Allerdings ist nur eine Minderheit der befragten Ecovis-Partnerkanzleien generell von einer positiven Wirkung solcher staatlichen Anreize auf die inländische Investitionstätigkeit und die Standortattraktivität für ausländische Investoren überzeugt“, erklärt Professor Dr. Peter Lüdemann, Ecovis-Experte für internationales Steuerrecht. „Dagegen nimmt im internationalen Standortwettbewerb die Bedeutung anderer Faktoren wie Infrastruktur, Qualifikation der Arbeitskräfte, Effizienz der Behörden und Lebensqualität zu.“

In den meisten (21) der 24 untersuchten Länder fördert der Staat Ausrüstungsinvestitionen, davon in 14 mit Steuererleichterungen – also erhöhten Abschreibungen oder Investitionsrückstellungen bzw. -rücklagen. Elf Länder fördern die Anschaffung direkt mit Zuschüssen; sieben von ihnen gewähren keine Steuervergünstigungen. Keine besondere steuerliche oder direkte Förderung von Ausrüstungsinvestitionen kennen Italien, Dänemark, Slowenien – und China. Subventionen für Unternehmensansiedlungen waren nicht Thema der Umfrage.

Von den Staaten, die Steuererleichterungen bieten, gewähren neun nur Sonderabschreibungen, zwei setzen auf hohe Investitionsrückstellungen, und
in drei Ländern (Deutschland, Schweiz und Türkei) können die berechtigten Unternehmen erhöhte Abschreibungen oder Rückstellungen in Anspruch nehmen.

In acht Ländern fallen die Steuervergünstigungen besonders hoch aus: In Rumänien, Großbritannien, Indien und der Schweiz – können die Sonderabschreibungen im ersten Jahr bis zu 100 Prozent des Investitionsbetrags ausmachen, in Lettland sogar 105 Prozent. In Estland, der Türkei, Ungarn und der Schweiz können Rückstellungen bis zu 100 Prozent der Investitionssumme gebildet werden. Die Schweiz ist allerdings ein Sonderfall, weil die Steuererleichterungen nur für von Dritten durchgeführte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für solche Aktiva gelten. Es geht also letztlich um Prozessinnovationen. Zudem ist ein Limit von zehn Prozent des zu versteuernden Einkommens, höchstens eine Million Franken, eingezogen.




In sieben Staaten, liegt die Höchstmarke für die erhöhten Abschreibungen im ersten Jahr zwischen 30 Prozent (Österreich und Russland) und 54,16 Prozent (Frankreich). Deutschland rangiert mit 45 Prozent dazwischen; dieser Wert ergibt sich, wenn neben einer degressiven Abschreibung von 25 Prozent zusätzlich die Sonderabschreibung für kleinere Unternehmen von maximal 20 Prozent gleich im ersten Jahr voll in Anspruch genommen wird. Für Investitionsrückstellungen (Investitionsabzugsbetrag genannt) – ebenfalls nur für kleinere Betriebe – gilt ein Höchstsatz von 40 Prozent der Anschaffungskosten.

Österreich kennt noch zwei weitere Steueranreize für Investitionen. Sehr beliebt ist der Freibetrag für investierte Gewinne: Zehn Prozent des Jahresüberschusses sind von der Steuer befreit, wenn mindestens der entsprechende Betrag in Ausrüstungsgüter mit einer Nutzungsdauer von vier Jahren und mehr investiert wird. Außerdem ist es möglich, stille Reserven zu übertragen. Das heißt, Gewinne aus dem Verkauf von Anlagegütern sind steuerfrei, wenn sie im gleichen Jahr oder innerhalb der nächsten 24 Monate in Maschinen und Betriebseinrichtungen reinvestiert werden. Allerdings wird damit die Abschreibungsbasis entsprechend reduziert.

Die Höchstgrenzen für Zuschüsse liegen zwischen 25 Prozent (zum Beispiel Deutschland) und 50 Prozent des Investitionsbetrags. In der Regel ist die direkte Förderung an bestimmte Bedingungen geknüpft oder, wie zum Beispiel in Indien, auf kleine und mittlere Unternehmen oder ausgewählte Branchen beschränkt.

Gefragt wurde auch danach, ob geringwertige Wirtschaftsgüter sofort abgeschrieben werden können. In 17 der 24 untersuchten Länder ist dies der Fall. Die Geringwertigkeits-Grenzen liegen zwischen 150 und 500 Euro. Kein exaktes Limit kennen die drei baltischen Staaten; so ist die Sofortabschreibung in Lettland und Litauen davon abhängig, ob die Unternehmensführung die Nutzungsdauer als kurz oder länger einstuft.

Was den Nutzen staatlicher Anreize für Ausrüstungsinvestitionen angeht, so gehen die Meinungen der befragten Ecovis-Partner in den verschiedenen Ländern dazu weit auseinander. Während zum Beispiel der niederländische Partner Art Lodder bezweifelt, dass sie „eine große Wirkung auf die Investitionstätigkeit haben“, glaubt sein indischer Kollege R. L. Kabra, dass die Industrie seines Landes „wegen des globalen Wettbewerbs stark auf solche Anreize angewiesen“ sei.

Nur in zwei Staaten, Estland und Österreich, glauben die Ecovis-Partner ohne Wenn und Aber, dass die staatlichen Vergünstigungen die Attraktivität für ausländische Investoren erhöhen; in Belgien hängt das von der Region ab. Eine differenzierte Einschätzung kommt aus Tschechien: „In den vergangenen Jahren haben staatliche Investitionsanreize die Ansiedlung ausländischer Investoren in weniger entwickelten Regionen des Landes gefördert, so dass dort die hohe Arbeitslosigkeit zurückging“, erklärt Ecovis-Partner Tomas Krolupper. „Inzwischen steigt sie jedoch dort wieder an, weil die geförderten Montagefabriken durch die Weltwirtschaftskrise unter Auftragsrückgängen leiden. Daher fördert die tschechische Regierung jetzt Investitionen in Hightech-Industrien und Servicezentren.“

Die Hälfte der 22 Antworten zu dieser Frage konstatiert dagegen allenfalls minimale Effekte (der Rest gibt keine klare Antwort). So kann zum Beispiel Portugal allein mit Hilfe von Investitionszuschüssen nicht mit den niedrigen Löhnen in China konkurrieren. „Wichtig ist es daher, ein Gesamtpaket zu schnüren, zu dem nicht nur Investitionszuschüsse und Steuererleichterungen, sondern auch eine gute Infrastruktur, qualifizierte Arbeitskräfte und eine effiziente Verwaltung gehören“, meint Johannes Nikolaus Rückert, Ecovis-Partner in Lissabon. Auch Pingwen Hu, Partner von ECOVIS Ruide in Shanghai, betont die „weichen Faktoren: gut ausgebildete Leute, insbesondere mit Hochschulabschluss, das Verhalten der lokalen Verwaltungen gegenüber Investoren und die Lebensbedingungen.“

Die Sicht der Wissenschaft
„Lieber ein verlässliches Steuerrecht als punktuelle Anreize“

Ecovis hat Professor Dr. Clemens Wangler, Leiter des Studiengangs Steuern und Prüfungswesen an der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen, um einen Kurzkommentar zu den Ergebnissen des Steuerpolitikbarometer gebeten. Zu seinen bevorzugten Arbeits- und Forschungsgebieten gehören Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Internationales Steuerrecht.

„Wichtiger als punktuelle Investitionsanreize, die ökonomische Verzerrungen und damit hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen, ist die Rechtssicherheit, auch und gerade im Steuerrecht. Es ist in der Regel nicht wünschenswert, Arbeitskräfte und Kapital in nur mit staatlichen Investitions- oder Konsumanreizen lebensfähige Branchen zu locken. Die so genannte Abwrackprämie wird dies im kommenden Jahr veranschaulichen. Was damit heute an Nachfrage generiert wird, wird später fehlen.

Deutschland sollte sich endlich aus dem Spiel des ständigen Hin und Her im Steuerrecht verabschieden, das unternehmerische Entscheidungen zusätzlichen Unsicherheiten aussetzt. Ein verlässliches deutsches Steuerrecht wäre, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Abschreibungsregelungen, dann ein Standortfaktor wie die hohe Qualifikation der Menschen oder die gute Luft und der Freizeitwert.“

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Ecovis ist ein Beratungsunternehmen für den Mittelstand und zählt in Deutschland zu den Top 10 der Branche. In den mehr als 120 Büros in Deutschland sowie den über 50 internationalen Partnerkanzleien arbeiten etwa 2.700 Mitarbeiter. Die Beratungsschwerpunkte und Kernkompetenzen von Ecovis liegen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Rechtsberatung. Ihre besondere Beratungsstärke beziehen die Ecovis-Kanzleien aus dem Zusammenspiel mit dem Back-Office sowie der interdisziplinären Zusammenarbeit von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Unternehmensberatern. Der im Back-Office zur Verfügung stehende Expertenpool ermöglicht eine große Beratungsbandbreite und garantiert den Mandanten, darunter mehr als 20.000 gewerbliche Kunden, kompetente Beratungsleistungen auf höchstem Qualitätsniveau. Die fachübergreifende Zusammenarbeit schafft neue Beratungsansätze und ermöglicht spezielle Branchenlösungen.

Die ECOVIS Akademie AG ist Garant für eine kontinuierliche und aktuelle Weiterbildung sowie für eine fundierte Ausbildung.



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E-Mail: ulf.hausmann(at)ecovis.com www.ecovis.com



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Datum: 13.07.2009 - 10:28 Uhr
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