PresseKat - Menschen mit Behinderung legen Einspruch gegen die Bundestagswahl 2013 ein / Lebenshilfe und Caritas

Menschen mit Behinderung legen Einspruch gegen die Bundestagswahl 2013 ein / Lebenshilfe und Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie halten Wahlrechtsausschlüsse für verfassungswidrig

ID: 1033143

(ots) - Bundesvereinigung Lebenshilfe und Caritas
Behindertenhilfe und Psychiatrie unterstützen acht Personen, die
gegen die Gültigkeit der Bundestagswahl 2013 beim Bundestag Einspruch
eingelegt haben, weil sie nicht wählen durften. Von der Wahl
ausgeschlossen sind nach einer Regelung des Bundeswahlgesetzes
Menschen mit Behinderungen, für die "eine Betreuung in allen
Angelegenheiten" bestellt ist. Außerdem ist von der Wahl
ausgeschlossen, wer sich im psychiatrischen Maßregelvollzug befindet,
weil er aufgrund einer Krankheit oder Behinderung schuldunfähig ist
und krankheitsbedingt weitere Taten drohen. Nach einer Vorschrift des
Europawahlgesetzes gelten die genannten Wahlrechtsausschlüsse auch
für die am 25. Mai anstehende Europawahl. Auch an dieser Wahl wird
ein Teil der Menschen mit Behinderung daher nicht teilnehmen können.
Lebenshilfe und Caritas gehen von rund 10.000 Menschen aus, die in
Deutschland betroffen sind.

Die Verbände halten das für verfassungswidrig. "Das Recht, zu
wählen und gewählt zu werden, wird in Artikel 38 des Grundgesetzes
garantiert. Die Wahlrechtsausschlüsse bedeuten daher einen
schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte und das Recht behinderter
Menschen auf uneingeschränkte politische Beteiligung", so die
Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Vizepräsidentin des Deutschen
Bundestages, Ulla Schmidt.

Die Wahlrechtsausschlüsse sind willkürlich: Kein Bürger, mag er
alt, krank oder sonst beeinträchtigt sein, muss befürchten, dass
seine Fähigkeit zu "vernünftigen" Wahlentscheidungen überprüft wird.
Der Wahlrechtsausschluss als automatische Nebenfolge einer "Betreuung
in allen Angelegenheiten" oder des Aufenthalts im psychiatrischen
Maßregelvollzugs trifft lediglich volljährige Menschen mit einer
psychischen Krankheit oder einer Behinderung, die damit gegenüber




anderen, möglicherweise gleich Betroffenen unzulässig diskriminiert
werden.

"Weil die Wahlrechtsausschlüsse sich auf eine bestimmte Gruppe von
Menschen mit Behinderungen beziehen, sind sie zudem unvereinbar mit
der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), dem 1. Zusatzprotokolls zur
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Artikel 25 des
UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte", erläutert Johannes
Magin, Vorsitzender des Bundesverbandes Caritas Behindertenhilfe und
Psychiatrie. Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
und das Ministerkomitee des Europarates als auch der
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hätten sich in diesem Sinne
geäußert.

Die europäischen Nachbarstaaten Österreich, die Niederlande und
Großbritannien folgen dem und verzichten auf entsprechende
Wahlrechtsausschlüsse. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe und der
Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie sind
überzeugt, dass die Wahlrechtsausschlüsse im deutschen Recht
unzulässig sind und fordern daher deren Streichung. Beide Verbände
sind bereit, dafür bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.



Pressekontakt:
Heute: 030-206411-136 (Dr. Bettina Leonhard), 0179-3967964 (Prof. Dr.
Jeanne Nicklas-Faust)
Ab morgen: 030-206411-136 (Dr. Bettina Leonhard,
bettina.leonhard(at)lebenshilfe.de)


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Datum: 16.03.2014 - 10:23 Uhr
Sprache: Deutsch
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