Berlin, 16.Juli 2009 – So weit sind sich noch alle einig: Deutschland braucht noch mehr Innovation, wenn die Wirtschaft wettbewerbsfähig bleiben und das Land seinen Wohlstand erhalten will. Und der Staat muss die Unternehmen bei der Entwicklung neuer Technologien und Produkte unterstützen. Strittig ist freilich, wie. Immer mehr Industrieländer – darunter die europäischen Nachbarn Frankreich, Großbritannien, Belgien und Österreich – setzen auf steuerliche Anreize statt oder ergänzend zur direkten Projektförderung. Auch hier zulande wird von Unternehmern und Experten eine steuerliche FuE-Förderung gefordert. Grund genug für Ecovis, im Rahmen des internationalen Steuerpolitikbarometers zu vergleichen, welche Instrumente die 24 untersuchten Staaten einsetzen und welche Erfahrungen man damit gemacht hat. Fazit: „Am besten beurteilt werden einfach gestrickte steuerliche Anreize, die für alle Unternehmen gelten, insbesondere Tax Credits, also der Abzug eines bestimmten Prozentsatzes der FuE-Aufwendungen von der Steuerschuld“, sagt Professor Dr. Peter Lüdemann, Ecovis-Vorstandsmitglied und Experte für internationales Steuerrecht. „An direkten FuE-Subventionen wird meist der Aufwand für die Antragstellung bemängelt.“
(firmenpresse) - Übrigens gibt es nur in zwei der 24 Länder – Italien und Lettland – überhaupt keine staatliche FuE-Hilfe. Auf Zuschussförderung beschränken sich sieben Staaten, darunter Deutschland; sechs bevorzugen dagegen steuerliche Anreize, wie zum Beispiel Österreich, Indien und China. Die restlichen neun, darunter Frankreich, setzen auf eine Mischung aus Steuervergünstigungen und Geldspritzen.
In jeweils mehr als der Hälfte der 22 Länder, die staatliche FuE-Förderung betreiben, ist diese zumindest teilweise auf bestimmte Branchen, Technologien oder/und kleine bis mittlere Unternehmen ausgerichtet. Dies gilt vor allem für direkte FuE-Subventionen. Die Steuervergünstigungen zielen dagegen in den meisten Fällen darauf ab, generell die FuE-Tätigkeit der Unternehmen anzuregen. In drei Ländern gibt es daneben noch spezielle Steuererleichterungen, zum Beispiel für ausgewählte Technologien oder Branchen. In zwei Ländern, Portugal und den Niederlanden, ist die steuerliche FuE-Förderung ganz auf bestimmte Zielsegmente beschränkt.
Bei den Steuervergünstigungen gibt es drei Möglichkeiten:
•Die FuE-Aufwendungen können bei der steuerlichen Gewinnermittlung stärker abgesetzt werden als andere betriebliche Aufwendungen. Diesen Weg wählen zwei Drittel (neun) der 15 Länder, die Steuererleichterungen für Forschung und Entwicklung gewähren. Eine im Prinzip großzügige Regelung hat Tschechien: Aufwendungen für FuE-Projekte können zweimal abgezogen werden: einmal bei der Ermittlung der Besteuerungsbasis und dann von dieser. Allerdings beklagt der Prager Ecovis-Partner Tomas Krolupper den „extremen administrativen Aufwand für die Dokumentation der Projekte und die Antragstellung, vor dem die meisten Unternehmen zurückschrecken“.
•Niedrigere Steuersätze auf FuE-basierte Einkünfte gelten zusätzlich in drei Ländern (Niederlande, Türkei und China).
•Den Direktabzug eines bestimmten Prozentsatzes der FuE-Aufwendungen von der Steuerschuld (Tax Credit) kennen fünf Länder: Österreich (acht Prozent), Belgien (21 Prozent), Frankreich (Regelsatz 30 Prozent), Portugal (22,5 bis 82,5 Prozent) und Großbritannien, das mit 175 Prozent den höchsten Satz hat, aber Aufwendungen für Verbesserungen bestehender Produkte ausschließt.
Österreich bietet den Unternehmen zudem eine Alternative zum Tax Credit, nämlich 25 bis 35 Prozent ihrer FuE-Aufwendungen zusätzlich vom steuerlichen Gewinn abzuziehen.
Ein sehr umfassendes Anreizpaket, das auch die personelle Seite einschlieĂźt, hat
die Türkei geschnürt: Die FuE-Aktivitäten werden durch Vergünstigungen bei der Körperschaftsteuer, hälftige Übernahme der Sozialabgaben für die Mitarbeiter für fünf Jahre sowie bis zu 50-prozentige Zuschüsse zu den FuE-Aufwendungen gefördert. Um hoch qualifizierte Fachkräfte heranzuziehen, können Hochschulabsolventen bis zu 46.000 Euro aus der Staatskasse erhalten. Dazu kommen Lohnsteuervergünstigungen für FuE-Mitarbeiter: 80 bis 90 Prozent ihrer Gehälter bleiben steuerfrei. Kein Wunder, dass Celal Celik von der Ecovis-Kanzlei in Istanbul erwartet, dass die neuen, „gut funktionierenden“ Regelungen dem Land „große wirtschaftliche Vorteile“ bringen.
Als „sehr effizient“ bezeichnet sein Pariser Ecovis-Kollege Gerard Benazra die seit 2008 geltenden französischen Steuerregeln für FuE. „Am meisten profitieren neu gestartete Unternehmen oder Geschäftszweige, da im ersten Jahr sogar 50 Prozent und im zweiten 40 Prozent der FuE-Aufwendungen von der Steuerschuld abgezogen werden können.“ Positiv beurteilt wird auch die rein steuerliche Förderung in China und Indien. So erwartet Pingwen Hu, Partner von ECOVIS Ruide in Shanghai, dass dadurch „mehr Kapital in technologisch fortgeschrittene Branchen fließt“. Auch der österreichische Ecovis-Partner David Gloser attestiert den steuerlichen Anreizen einen positiven Effekt auf die FuE-Investitionen der Unternehmen.
„Grundsätzlich bestätigt sich, dass eine generelle steuerliche Innovationsförderung in der Regel eine deutlich geringere Bürokratiebelastung mit sich bringt als direkte Subventionen“, erklärt Ecovis-Vorstand Professor Lüdemann. „Ein möglicher Nachteil ist freilich, dass Unternehmen, die – zum Beispiel wegen hoher FuE-Investitionen –keine Gewinne machen, nicht davon profitieren. Eine liquiditätsfreundliche Lösung wäre, Tax Credits auszuzahlen, soweit sie den steuerlichen Gewinn übersteigen oder wenn das Unternehmen Verluste schreibt. In Deutschland wäre schon viel erreicht, wenn junge Technologieunternehmen ihre hohen Anlaufverluste wieder unbegrenzt mit späteren Gewinnen verrechnen könnten.“
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