Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.09.2008, 1 AZR 972/08, und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.2014, 1 BvR 3185/09
(firmenpresse) - Die Gewerkschaft verdi hat ein neues Arbeitskampf-Mittel gefunden, nämlich so genannte Flashmob-Aktionen, die nur in der Einzelhandelsbranche denkbar sind. Personen, die an solchen Aktionen teilnehmen möchten, können hierbei den Gewerkschaften ihre Mobilfunknummer mitteilen, z.B. als Reaktion auf ein sog. virtuelles Flugblatt. Im Falle eines Arbeitskampfes werden sie per SMS gebeten eine bestimmte Einzelhandelsfiliale aufzusuchen, in der Streikbrecher arbeiten. Sie sollen dort durch den Einkauf von etlichen Pfennigartikeln die Kasse blockieren oder aber Einkaufswagen voll beladen und dann stehen lassen, wobei ausdrücklich keine Frischware aus den Kühlgeräten genommen werden soll. Da dort dann viele Personen gleichzeitig die Filiale aufsuchen, wird der Verkaufsbetrieb oft für Stunden unterbrochen.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Flashmob-Aktionen
Der zuständige Arbeitgeberverband klagte gegen die Gewerkschaft auf Unterlassung von solchen Aufrufen zu Flashmob-Aktionen. Er berief sich auf seinen eigenen Anspruch auf Unterlassung rechtswidriger Arbeitskampfmaßnahmen sowie auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Betriebsinhabers. Das Bundesarbeitsgericht entschied in seinem Urteil vom 22.09.2008, 1 AZR 972/08, jedoch, dass die Flashmob-Aktion als Arbeitskampfmaßnahme zulässig da vom Grundrecht der Koalitionsfreiheit geschützt war. Sie sei auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Der betroffene Arbeitgeber hätte schließlich von seinem Hausrecht Gebrauch machen können. Die beteiligten Personen seien teilweise bereits durch Anstecknadeln als Gewerkschaftsmitglieder erkennbar gewesen. Außerdem hätte der betroffene Arbeitgeber seinen Betrieb vorübergehend schließen können.
Der Arbeitgeberverband legte gegen diese Entscheidung Verfassungsbeschwerde ein, die unter dem Aktenzeichen 1 BvR 3185/09 am 09.04.2014 abschlägig entschieden wurde. Nach Ansicht der Arbeitgeber bestanden gegen die Enscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch deswegen Bedenken, weil an dem Flashmob auch gänzlich Unbeteiligte teilnehmen, die mit dem Arbeitskampf nichts zu tun haben. Diese können sich nicht auf die verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit berufen können. Zudem können durch die Massen-SMS auch so viele Personen herbeigelockt werden, dass eine unzulässige Betriebsblockade vorliegt. Wie der Arbeitgeber, üblicherweise vor Ort vertreten durch eine Handvoll Verkäufer/innen, dann noch die Filiale schließen oder einzelnen Personen Hausverbot erteilen soll, war für die Arbeitgeber nicht vorstellbar.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu Flashmob-Aktionen
Das Bundesverfassungsgericht war jedoch der Ansicht, dass das Bundesarbeitsgericht das Grundrecht der Koalitionsfreiheit korrekt angewandt hatte. Der Arbeitskampf sei nicht auf die Mittel Streik und Aussperrung begrenzt, es müsse lediglich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Zudem habe das Bundesarbeitsgericht gefordert, dass auch eine Flashmob-Aktion als gewerkschaftliches Handeln erkennbar sein müsse, auch wenn nicht alle Beteiligten Gewerkschaftsmitglieder seien. So sei sichergestellt, dass der Arbeitgeber weiß, dass er seine Schadenersatzforderungen gegen die Gewerkschaft richten kann. Das Bundesarbeitsgericht habe sich zudem auch intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Berufung auf das Hausrecht gegenüber den Flashmob-Aktivisten und die Betriebsschließung wirksame Verteidigungsmittel für die Arbeitgeber seien. Auch hier konnte das Bundesverfassungsgericht keinen eindeutigen Fehler erkennen.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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