(ots) - Erneut dürfen Menschen mit Behinderung an einer
wichtigen Wahl nicht teilnehmen. Wer in Deutschland einen rechtlichen
Betreuer für alle Angelegenheiten hat, ist von der Europa-Wahl am 25.
Mai ausgeschlossen. Darauf macht die Bundesvereinigung Lebenshilfe
zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen
am 5. Mai aufmerksam.
Die Lebenshilfe hält die Wahlrechtsausschlüsse für
verfassungswidrig: "Das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, wird
in Artikel 38 des Grundgesetzes garantiert. Der Entzug des Wahlrechts
bedeutet daher einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte und
das Recht behinderter Menschen auf uneingeschränkte politische
Beteiligung", so die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und
Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Ulla Schmidt.
In Deutschland wird nach Schätzung der Lebenshilfe rund 10.000
Menschen das Wahlrecht verweigert. Schon vor der Bundestagswahl 2013
hat sie mehrfach auf den eklatanten Verstoß hingewiesen und
mittlerweile Einspruch gegen die Gültigkeit der Bundestagwahl
erhoben. Gemeinsam mit der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie
unterstützt die Lebenshilfe acht Personen, die in der Vergangenheit
nicht wählen durften. Beide Verbände sind bereit, in dem Verfahren
bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Auch der europäische Dachverband Inclusion Europe fordert ein
Wahlrecht für ausnahmslos alle EU-Bürgerinnen und -Bürger. Die
Wahlrechtsausschlüsse sind laut Lebenshilfe willkürlich: Kein Bürger,
mag er alt, krank oder sonst beeinträchtigt sein, müsse befürchten,
dass seine Fähigkeit zu "vernünftigen" Wahlentscheidungen überprüft
wird.
Weil die Wahlrechtsausschlüsse sich auf eine bestimmte Gruppe von
Menschen mit Behinderung beziehen, seien sie zudem unvereinbar mit
der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), dem 1. Zusatzprotokoll zur
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Artikel 25 des
UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Sowohl der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Ministerkomitee
des Europarates als auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
hätten sich in diesem Sinne geäußert. Ulla Schmidt: "Unsere Nachbarn
Österreich, Niederlande und Großbritannien sind bereits weiter als
wir. Diese Staaten verzichteten auf Wahlrechtsausschlüsse."
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