(ots) - Die Schweiz hatte in den vergangenen Monaten
keinen leichten Stand in der EU. Seit der
Anti-Immigrations-Initiative vom Februar haben sich die Beziehungen
zwischen Bern und Brüssel merklich abgekühlt. Zwar ist das Problem um
die Einschränkung der Freizügigkeit noch längst nicht gelöst, doch
momentan ist die Angelegenheit auf der Prioritätenlisten nach unten
gerutscht. Ganz oben steht nun der Konflikt in der Ukraine. Hierbei
macht die Schweiz dank ihres OSZE-Vorsitzes eine hervorragende Figur
als Vermittlerin. Die EU kann darüber nur froh sein. Sie wirkt in der
Krise noch immer hilflos. Unruhen, Einschüchterungen, Tote: Die Lage
in der Ukraine ist nach dem Unabhängigkeitsreferendum in der
Ostukraine angespannter denn je. Mittlerweile sieht es sogar danach
aus, dass die Präsidentschaftswahl, die am 25. Mai in Kiew
stattfinden soll, durch die Ereignisse torpediert werden könnte. Was
dies für die Situation en detail in dem zwischen Ost und West
zerrissenen Land bedeuten würde, mag man sich lieber nicht ausmalen.
Eines steht jedoch fest: Kommt es zu Problemen bei den Wahlen, wird
sich die Krise in der Ukraine weiter verschärfen. Die EU hat für
diesen Fall schon einmal vorsorglich weitere Sanktionen gegen
Russland angedroht. Dass dies an der festgefahrenen Lage etwas ändern
wird, darf bezweifelt werden. Seit Wochen wird gedroht und mit den
Säbeln gerasselt - allein der Kreml zeigt sich davon völlig
unbeeindruckt. Es ist nicht überraschend, dass die
Vermittlungsbemühungen aus Brüssel wenig bringen. Schließlich ist die
Union selbst viel zu tief in den Konflikt involviert. Die Rolle des
ehrlichen Maklers wird ihr in den prorussischen Landesteilen nicht
abgenommen. Umso mehr kann man es einen Glücksfall nennen, dass die
Schweiz derzeit den OSZE-Vorsitz innehat. Wohl kaum ein anderes Land
in Europa hat so profunde Erfahrungen mit dem Föderalismus. Davon
kann die Ukraine nur profitieren. Denn dass das Land - wenn es seine
territoriale Einheit behalten will - von der bisherigen
Zentralisierung abrücken muss, ist unumgänglich. Nur in einem
Föderalstaat mit weitgehend eigenständigen Kompetenzen für die
Regionen lässt sich die zerbröckelnde Ukraine noch zusammenhalten.
Doch um zu dieser Lösung zu kommen, braucht es zunächst einmal einen
nationalen Dialog. Noch ist nicht klar, ob sich die Kiewer Führung
und die prorussischen Separatisten miteinander an einen Tisch setzen
werden. Als gutes Zeichen kann man dabei allerdings werten, dass
Russland sich derzeit zurückhält. So hat der Kreml bisher lediglich
verkündet, das Unabhängigkeitsvotum in der Ostukraine zu "achten".
Von einer offiziellen Anerkennung wie im Fall des Krim-Votums kann
also nicht die Rede sein. Darin könnte die Chance für den nationalen
Dialog liegen. OSZE-Vorsitzender Didier Burkhalter hat Recht, wenn er
darauf drängt, dieses Zeitfenster so schnell wie möglich zu nutzen.
Wenn der Einstieg in diesen Prozess in den nächsten Tagen gelingt,
könnte es Hoffnung auf eine Beruhigung der Krise geben. Dies hat man
gestern auch beim EU-Außenministertreffen eingesehen. Sämtliche
Minister mahnten, dass der Runde Tisch so rasch wie möglich zustande
kommen müsse. Umso hilfloser wirken hingegen die Sanktionen, die von
den Europäern gestern gegen 13 weitere Personen verhängt wurden.
Diese Einreiseverbote und Kontensperrungen tun nicht wirklich weh.
Vor harten Wirtschaftssanktionen schreckt die EU weiterhin zurück.
Dazu gibt es immer noch keine einheitliche Position unter den
Mitgliedsstaaten. Die EU und auch die USA tun gut daran, sich in den
kommenden Wochen zurückzunehmen und auf die OSZE zu vertrauen.
Dasselbe muss dann auch für Russland gelten.
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