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Mittelbayerische Zeitung: Grenze der Verdummung - Seehofer muss einsehen, dass er seinen Kurs des gnadenlosen Populismus nicht beliebig fortsetzen kann. Von Fritz Winter

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(ots) - Horst Seehofer, nach den Europawahlen
Vorsitzender einer 40-Prozent-Schrumpfpartei mit gerade noch fünf
Europaabgeordneten, hat nach den gnadenlosen Verlusten am Sonntag
nach einem Sündenbock gesucht und - oh Wunder - auch einen gefunden.
Er selber hat mit seinem betont europakritischen Kurs das
Europa-Wahlergebnis für die CSU verbockt. Und er kündigte auch gleich
Konsequenzen an: Natürlich werde er bis 2018 Ministerpräsident
bleiben und selbstverständlich wieder als CSU-Vorsitzender antreten.
Das Grollen in der Partei, den massiven Ärger aus den Reihen der
Europaabgeordneten - das überhört der Chef geflissentlich. Bleibt das
folgenlos? Horst Seehofer will nicht erkennen, dass es auch in Bayern
eine Grenze der Verdummung gibt. Unverdrossen setzte er vor den
Europawahlen seinen Kurs des gnadenlosen Populismus fort.
Schwierigkeiten aus dem Weg gehen, dem Volk nach dem Mund reden, die
Lufthoheit über den Stammtischen bewahren - das war das Ziel. In
einem Spagat zwischen Peter Gauweiler, der die EU-Kommission als
"Flaschenmannschaft" titulierte und dem EU-Spitzenkandidaten Markus
Ferber, der die Errungenschaften der Gemeinschaft lobte, war unter
Seehofers Führung der europapolitische Kurs der CSU nicht mehr zu
erkennen. CSU-Übervater Franz Josef Strauß hat einmal formuliert,
dass es rechts von der CSU keinen Raum für politische Kräfte mehr
geben dürfe - ihm wollte Horst Seehofer mit seinem
"Wer-betrügt-der-fliegt"-Kurs nacheifern und am rechten Rand Stimmen
fischen. Damit hat er die liberalen und die christlichen Kräfte in
seiner Partei verschreckt, die niemals rechtspopulistisch wählen
würden. Und gleichzeitig hat er völlig unterschätzt, dass es für
viele CSU-Mitglieder doch eine wählbare Alternative gibt: Die AfD,
die sich über den rechten Körper ein bürgerliches Mäntelchen
übergestreift hat, Populisten in Nadelstreifen sozusagen. Denen hat




der taktische Genius des Horst Seehofer die Wähler scharenweise in
die Arme getrieben. Ein Kardinalfehler war auch, dass Seehofer die
amtierenden Europaabgeordneten nicht in die Konzeption des
Europaprogramms mit einbezogen hat. Ferber und Co. durften sich ihr
Europapapier in der Staatskanzlei abholen - erarbeitet von
Wahlkampfmanagern, die vom europäischen Tuten und Blasen keine Ahnung
haben. Herausgekommen ist eine nationale Strategie, die darin
gipfelte, dass Horst Seehofer von den Wahlplakaten grinste - selbst
der dümmste Wähler hat gemerkt, dass der keinesfalls nach Europa
will. Markus Ferber, CSU-Spitzenkandidat, war nur in Schwaben zu
sehen. Und wo unterstützten Bundestags- oder Landtagsabgeordnete den
CSU-Europawahlkampf? Fehlanzeige. Das hat die SPD wesentlich schlauer
gemacht. Es war sicherlich nicht die europapolitische Programmatik,
die für das ausgezeichnete Wahlergebnis gesorgt hat. Es war die
Strategie, dem Wähler das Gefühl zu geben, darüber mitentscheiden zu
können, wer der neue Chef der EU-Kommission wird. Geschickt wurde die
nationale Karte gezogen und Martin Schulz offensiv als "deutscher
Patriot" für das Spitzenamt in Brüssel angepriesen - auch in der
Hoffnung, dass dies bei den sozialistischen Freunden in Südeuropa
nicht gehört wird, die Schulz als europäischen "Anti-Merkel"
bewarben. Einen Vorteil hat es aber doch, dass Seehofer mit seinem
Kurs die Populisten im Europaparlament gestärkt hat: Er zwingt auch
die CSU, die sich so europakritisch gibt, aber schlussendlich an
Merkels Seite in Europa doch mitreden will, endlich klar Farbe zu
bekennen: Wir brauchen Europa, weil wir es alleine längst nicht mehr
können. Europa als Kontinent der Freiheit und der Freizügigkeit ist
unverzichtbar.



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Datum: 26.05.2014 - 20:32 Uhr
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