(ots) - In der Nacht vom 3. auf den 4. Juni 1989 wurde Wu
Xiangdong, der Sohn von Wu Jue, erschossen. Die Beerdigung musste
heimlich geschehen, denn die Opfer des Massakers am "Platz des
Himmlischen Friedens" in Peking galten als Gewalttäter und wurden
kriminalisiert. Frau Wu ist Mitglied der "Mütter von Tiananmen", ein
Zusammenschluss von Angehörigen der Opfer. Heute, kurz vor dem 25.
Jahrestag, steht sie unter Hausarrest. Gespräche mit Journalisten
werden unterbunden.
Bao Tong war 1989 der Berater von Zhao Ziyang, dem Generalsekretär
der Kommunistischen Partei, und damit einer der mächtigsten Männer
Chinas. Er gehörte dem liberalen Flügel der Partei an. Deng Xiaoping
hingegen - damals Vorsitzender des Militärausschusses - war für ein
hartes Durchgreifen gegen die Studenten. Deng schaltete seinen
Gegenspieler Zhao Ziyang und mit ihm Bao Tong aus, der die nächsten
sieben Jahre im Gefängnis einsaß. Seit seiner Entlassung steht er
unter Hausarrest, rund um die Uhr wird er von der Polizei überwacht.
Seit 25 Jahren verheimlicht die Kommunistische Partei Chinas die
Wahrheit über die Ereignisse vom 4. Juni 1989 vor der Welt und vor
ihrer eigenen Bevölkerung. Korrespondentin Christine Adelhardt konnte
dennoch mit Wu Jue, Bao Tong und weiteren Zeitzeugen sprechen. Kurz
danach untersagte die Polizei Interviews zum Massaker auf dem
Tiananmen-Platz. Das blutige Niederschlagen der friedlichen
Protestbewegung durch die chinesische Armee ist immer noch das große
Tabu in China, die Zahl der Getöteten eines der bestgehüteten
Geheimnisse des autoritären Regimes. Totschweigen, Zeitzeugen mundtot
machen, Kritiker verfolgen. Damit will die herrschende Elite die
Ereignisse aus dem historischen Gedächtnis löschen.
Doch Millionen Bürger waren damals auf den Straßen, zehntausende
Soldaten im Einsatz. Was denken die Akteure von damals heute? Wie ist
es ihnen in den letzten 25 Jahren in China ergangen? Was wünschen sie
sich für die Zukunft ihres Landes? Unterstützt von historischen
Aufnahmen ziehen die Zeitzeugen Bilanz. Sie legen mutig Zeugnis ab
über ein Verbrechen, das bis heute nicht aufgearbeitet wurde, und
riskieren damit viel. Denn wer darüber spricht, wird verfolgt. Immer
noch.
Reportage von Christine Adelhardt, ARD-Studio Peking, phoenix
2014, 30 Minuten
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