(ots) - Nach der Vorstellung der Ökumenischen
Sozialinitiative mit dem Titel "Gemeinsame Verantwortung für eine
gerechte Gesellschaft" Ende Februar 2014 haben die Deutsche
Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)
heute einen ökumenischen Kongress zur Initiative in Berlin
veranstaltet. Daran nahmen mehr als 400 Vertreter aus Politik,
Wirtschaft, Wissenschaft sowie kirchlichen und
zivilgesellschaftlichen Verbänden teil.
In seiner Einleitung stellte Landesbischof Prof. Dr. Heinrich
Bedford-Strohm die Frage, wie die zunehmende Ungleichheit in der
Gesellschaft, auf die die Thesen der Sozialinitiative an mehreren
Stellen hinweise, überwunden werden könne: "Wie kann unsere
Wirtschaft ökologisch so grundlegend transformiert werden, dass auch
Menschen in anderen Teilen der Welt und zukünftige Generationen einen
fairen Anteil an den Ressourcen dieser Erde bekommen?", fragte
Bedford-Strohm. In einer der Thesen der Sozialinitiative wird
Umweltschutz auf der einen und Armutsbekämpfung sowie soziale
Gerechtigkeit auf der anderen Seite als Leitplanken für eine
nachhaltige Wirtschaft bezeichnet. Deutschland und Europa, so heißt
es in dem Text, müssten beim Aufbau einer ökologisch-sozialen
Marktwirtschaft auf nationaler, europäischer und globaler Ebene eine
Vorreiterrolle übernehmen. Landesbischof Bedford-Strohm betonte, dass
man davon noch weit entfernt sei, was ein bloßer Blick auf die
internationale Verteilung der CO2-Emissionen zeige: "Der für die Erde
gerade noch verträgliche CO2-Ausstoß pro Kopf pro Jahr beträgt zwei
Tonnen. Tansania hat einen Pro-Kopf-Ausstoß von 0,2 Tonnen. In
Deutschland sind es über zehn Tonnen, gegenwärtig fatalerweise wieder
mit steigender Tendenz. Schon jetzt bekommen Menschen in anderen
Teilen der Welt die desaströsen Folgen des Klimawandels zu spüren,
ohne selbst irgendetwas zu seiner Verursachung beigetragen zu haben.
Sie zahlen den Preis für unseren Lebensstil. Und wenn jetzt keine
grundlegenden Veränderungen passieren, zahlen auch hierzulande die
zukünftigen Generationen für unseren heutigen Lebensstil", so
Landesbischof Bedford-Strohm, der Mitglied im Rat der EKD ist.
Der frühere Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Udo Di Fabio
forderte dazu auf, den Blick in der Gerechtigkeitsdebatte nicht zu
verengen: "Der Mensch darf sich nicht nur ökonomisch verstehen.
Deshalb reicht es nicht, den Kapitalismus anzugreifen oder das
Staatsversagen zu kritisieren, wenn die Frage gestellt wird, was in
den westlichen Gesellschaften seit einigen Jahrzehnten falsch läuft.
Vielmehr muss darüber gesprochen werden, was ein erfülltes Leben
eigentlich ausmacht", so Di Fabio. Selbstverwirklichung bedeute nicht
das Abstreifen aller Bindungen. Dieses Missverständnis sei der
eigentliche Grund für die europäische Finanzkrise: "Der Mensch lebt
in konkreten Gemeinschaften und nicht nur in abstrakten sozialen
Interaktionssystemen. Deshalb sind auch Kirchengemeinden als Räume
notwendig, in denen jeder unabhängig von seinem gesellschaftlichen
Status akzeptiert wird."
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles bezeichnete in ihrer Rede
Gerechtigkeit als "relationalen Begriff". Für sie bedeute
Gerechtigkeit, dass jeder und jede das gleiche Maß an Respekt und
Sicherheit verdiene. Vor allem sei es notwendig, der Frage
nachzugehen, welche Chancen von Teilhabe es gebe. Dazu sei es
notwendig, auch eine intensive Auseinandersetzung über den Wert von
Arbeit zu führen, so Ministerin Nahles.
Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, Vorsitzender der Kommission für
gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz,
erwartet, dass die prophetisch-kritische Dimension der sozialen
Botschaft der Kirchen wieder hervorgehoben werde. Er fügte hinzu:
"Fragen der Beteiligungsgerechtigkeit müssen priorisiert werden
gegenüber der Verteilungsgerechtigkeit. Das ist besonders notwendig
mit Blick auf die Inklusion von Alten und Kindern und Jugendlichen,
die zu den Bildungsverlierern gehören. Die Ökumenische
Sozialinitiative findet auf dem Hintergrund der Finanz- und
Staatsschuldenkrise statt. Deshalb sollten wir noch einmal die
ordnungspolitischen Dimensionen der Ökonomisierung aller Lebenswelten
kritisch zu durchleuchten", so Bischof Overbeck.
In seiner Zusammenfassung des ökumenischen Kongresses forderte der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx,
eine weitere öffentliche Auseinandersetzung über die Zukunft der
Gesellschaft. Die Sozialinitiative habe Themen definiert, die den
Kirchen wichtig und relevant für die weitere Entwicklung der
Gesellschaft seien. "Wir werden die Debatte bis zum Februar 2015
fortführen. Dann ist die Sozialinitiative ein Jahr diskutiert worden.
Diese Diskussion wird von unseren Sozialinstituten ausgewertet. Als
Kirchen steuern wir am Ende auf eine 'ökumenische Feststellung' zu,
die Themen benennen soll, auf welche Punkte wir uns künftig besonders
konzentrieren wollen. Dabei geht es um die Frage der ökonomischen und
kulturellen Wurzeln westlicher Gesellschaften, den Wert von
Beziehungen aber auch eine Debatte über die Ungleichheit: Welche
Chancenbeteiligung räumen wir den gesellschaftlichen Akteuren ein,
schaffen wir es, eine Fragmentierung der Gesellschaft zu überwinden,
damit die Gesellschaft zusammengehalten wird", so Kardinal Marx.
Außerdem sei es notwendig, auch die Debatte um die soziale
Marktwirtschaft fortzuführen, bei der vor allem der Mensch im
Mittelpunkt stehen müsse. "Die Sozialinitiative ist kein Endpunkt,
sondern ein Ausgangspunkt. Der Bedarf, über eine zukunftsfähige
Gesellschaft zu reden ist da. Diesen Willen müssen wir nutzen", sagte
Kardinal Marx.
Hinweis: Den Text der Ökumenischen Sozialinitiative finden Sie auf
der Homepage www.sozialinitiative-kirchen.de Dort gibt es auch
weiterhin die Möglichkeit, den Text zu kommentieren.
Dieser Pressetext wird von den Pressestellen der EKD und der
Deutschen Bischofskonferenz zeitgleich verschickt. Dopplungen bitten
wir zu entschuldigen.
Hannover, 18. Juni 2014
Pressestelle der EKD
Dr. Michael Brinkmann
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Evangelische Kirche in Deutschland
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