(ots) - Man kann das, was die US-Geheimdienste machen,
mit einem Schulterzucken abtun. Weil, so ginge die
Argumentationslinie, Spione eben spionieren, um so nicht böse
Überraschungen erleben zu müssen. Das geht aber nur, solange man
nicht selbst betroffen ist. Wer, wie Angela Merkel selbst dann noch
eher milde reagiert, hat andere Gründe, die sie für wichtiger hält
als den Schutz selbst vertraulicher oder privater Informationen. Im
Fall der Bundeskanzlerin ist dieses höhere Gut die Freundschaft mit
den Vereinigten Staaten. Wobei klar sein sollte, dass es keine
Freundschaft zwischen Staaten gibt; schon gar nicht, wenn der
vermeintliche Freund einem ganz offensichtlich nicht traut. Merkel
hat die NSA-Affäre immer heruntergespielt. Die öffentliche Empörung
hat sie kalt gelassen, bis bekannt wurde, dass auch sie abgehört
wurde. Aber selbst das hat sie nicht dazu bewegt, mehr als mahnende
Worte mit dem US-Präsidenten zu wechseln. Washington hat monatelang
versucht, die Risse im Fundament der transatlantischen Partnerschaft
zu kitten - und währenddessen zugelassen, dass seine Dienste weiter
spionieren. Obama hat seine Glaubwürdigkeit in dieser Sache vollends
verspielt. Das kann der Bundeskanzlerin zwar egal sein. Doch Merkel
sollte sich überlegen, welches Vertrauen ihr wichtiger ist: das der
USA oder das der eigenen Wählerschaft. Durch ihre anhaltende
Untätigkeit in der NSA-Affäre ist sie dabei, Letzteres zu verspielen.
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