(ots) - Sigmar Gabriel macht seinem Ruf als Polit-Schreck
der deutschen Rüstungsindustrie scheinbar alle Ehre. Nicht nur, dass
der Bundeswirtschaftsminister der schwarz-roten Koalition seit seinem
Amtsantritt sämtliche Ausfuhranträge über Kriegsgerät an Staaten
jenseits von Nato und EU zur Chefsache macht, derweil unter
Schwarz-Gelb hier eher noch einfache Ministerialbeamte das Sagen
hatten. Nun stoppt Gabriel vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise auch
noch eine von der Vorgängerregierung erteilte Exportgenehmigung zum
Bau eines Gefechtsübungszentrums für Russland. Das ist zweifellos
eine neue Qualität in der Praxis deutscher Rüstungspolitik. Denn
bislang hatte es auch Gabriel stets abgelehnt, bereits verbriefte
Zusagen für derlei Geschäfte zu revidieren. Der Sinneswandel passt
trefflich in die schon vor Monaten vom Wirtschaftsminister
ausgerufene Zeitenwende. Wo frühere Regierungen scheinbar bedenkenlos
grünes Licht für zweifelhafte Rüstungsdeals mit Staaten gaben, die
sich wenig oder gar nicht um die Menschenrechte scheren, soll es
jetzt transparenter und vor allem restriktiver zugehen. Das könnte
auch der SPD gut tun, deren Vorsitzender Gabriel bekanntlich ist. Sie
dürstet geradezu nach mehr politischem Profil. Die Umfragen für
Sozialdemokraten jedenfalls sind seit der Bundestagswahl konstant
mäßig. Da machen sich spektakuläre Friedens-Signale bei der
potenziellen Wählerschaft sicher gut. Die politische Konsequenz, die
Gabriel mit seinem gestern verkündeten Schritt erweckt, hat
allerdings problematische Kehrseiten. Die deutsche Rüstungsindustrie
zählt immerhin rund 100 000 Beschäftigte. Und ganz so gleichgültig,
wie er offiziell tut, sind Gabriel diese Jobs eben doch nicht. Dem
Obergenossen ist sehr wohl bewusst, dass die betroffene Firma
Rheinmetall in Düsseldorf wegen des entgangenen Russland-Geschäfts
Schadenersatz geltend machen kann. Ja, man darf getrost davon
ausgehen, dass der für Gabriel sogar schon "eingepreist" ist. Ein
solcher Deal ginge jedoch zulasten Dritter, nämlich der Steuerzahler,
die dafür geradestehen müssten. Sich als Friedensengel zu stilisieren
und gleichzeitig deutsche Rüstungsschmieden bei Laune zu halten,
erinnert an das bekannte Sprichwort: Wasch mir den Pelz, aber mach
mich nicht nass. Auch wurde im konkreten Fall ein Teil der
Ãœbungsanlagen bereits nach Russland geliefert. Gerade daran wird auch
der Vertragsbruch besonders drastisch deutlich. So dürfte es
englischen oder französischen Rüstungsproduzenten künftig ein
Leichtes sein, deutsche Konzerne wegen ausbleibender oder gar
widerrufener Genehmigungen als unsichere Kantonisten auf dem
internationalen Rüstungsmarkt darzustellen. Ob das dem Frieden dient,
übrigens auch dem in der Großen Koalition, darf bezweifelt werden.
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