(ots) - Als Recep Tayyip Erdogan als Regierungschef
wiedergewählt wurde, hatten 50 Prozent der Wähler für ihn gestimmt.
Aber dieses Ergebnis bedeutete auch, dass die andere Hälfte nicht für
ihn gestimmt hatte. Bei allem wirtschaftlichen Fortschritt, den seine
Regierungszeit dem Land gebracht hat: Erdogan hat die Türkei
gespalten. Das wurde spätestens dann deutlich, als die Proteste gegen
seine Politik rund um den Gezi-Park auf den Straßen Istanbuls
eskalierten. Diese Proteste sind nie verstummt. Sie haben sich nur
andere Ventile gesucht. Junge Türken und Türkinnen protestieren auf
Twitter und Co. gegen die rückwärtsgewandte, konservativ-islamische
Politik Erdogans und seiner Partei. Die bringt beizeiten so kuriose
Vorschläge hervor, wie jungen Frauen in der Öffentlichkeit das Lachen
oder das Telefonieren zu verbieten, weil das unschicklich sei. Das
Problem ist, dass Erdogan als Präsident über genügend Macht verfügen
dürfte, um den radikalen Umbau seines Landes, den er als
Regierungschef eingeleitet hat, weiter zu betreiben. Modernisierende,
mäßigende Kräfte im Land werden es noch schwerer haben, als heute
schon. Weil das so ist, darf eine Türkei unter Erdogan nicht isoliert
werden. Schließlich dürfte auch am Sonntag nur die Hälfte der Türken
sich für den jetzigen Ministerpräsidenten entscheiden. Auf der
anderen Hälfte ruht die Hoffnung, eines Tages den Schatten des
Rückwärtigen, der auf Erdogans Türkei haftet, abzustreifen.
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