(ots) - Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat in
mindestens einem Fall ein Gespräch der damaligen US-Außenministerin
Hillary Clinton abgehört. Zudem hat die deutsche Bundesregierung
angeordnet, einen NATO-Partner auszuspionieren. Das ergibt sich nach
Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung aus den
Dokumenten, die ein Spion im BND an den amerikanischen Geheimdienst
CIA übergeben hat. Der im Juli verhaftete Markus R. hat inzwischen
gestanden, den USA in den vergangenen zwei Jahren mindestens 218
Dokumente geliefert zu haben.
In der Bundesregierung ist inzwischen bekannt, wie sensibel Teile
dieser Dokumente sind und wie groß der angerichtete Schaden
tatsächlich ist. So haben die USA damit begonnen, die von Markus R.
gelieferten Informationen im aktuellen Streit über
US-Spionageaktionen in Deutschland zu nutzen. Das abgehörte Telefonat
von Hillary Clinton nehmen sie als Beleg dafür, dass auch die
Deutschen die USA ausspioniert haben. US-Außenminister John Kerry
soll den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf den
Vorgang angesprochen haben. Auch Denis McDonough, der Stabschef von
US-Präsident Barack Obama, soll die Abhöraktion bei einem Besuch bei
Kanzleramtsminister Peter Altmaier zur Sprache gebracht haben.
Deutsche Regierungskreise bestreiten allerdings, dass es eine
systematische Spionage des BND gegen die USA gibt. Vielmehr sei das
Gespräch, das Clinton in ihrer Amtszeit aus einer
US-Regierungsmaschine heraus geführt habe, nur zufällig aufgefangen
worden. Dass es nicht sofort vernichtet worden sei, bezeichnet ein
Regierungsmitglied in Berlin als "Idiotie". Clinton soll allerdings
kein Einzelfall gewesen sein: Offenbar wurden in der Vergangenheit
wiederholt Gespräche von US-amerikanischen Politikern sowie
Politikern aus anderen befreundeten Staaten mitgeschnitten und gemäß
einer Anweisung dem jeweiligen BND-Präsidenten vorgelegt. Nach
Angaben aus Sicherheitskreisen habe es sich dabei aber in keinem Fall
um einen gezielten Lauschangriff gehandelt. Seit Sommer des
vergangenen Jahres gilt eine Anweisung des damaligen Kanzleramtes
solches Material sofort zu vernichten.
Als ähnlich brisant wird in Berlin inzwischen eingeschätzt, dass
Markus R. der CIA eine Kopie des "Auftragsprofils der
Bundesregierung" (APB) für den deutschen Geheimdienst übergeben hat.
Es stammt aus dem Jahr 2009 und hat bis heute Gültigkeit. Darin ist
festgelegt, um welche Themen sich der BND vorrangig kümmern und
welche Länder er ausspionieren soll. Die USA sollen sich nicht
darunter befinden, seit einigen Jahren aber ein NATO-Land. Das
Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages hat die von Markus
R. verratenen Dokumente inzwischen angefordert, um sich selbst einen
Eindruck vom entstandenen Schaden zu verschaffen. In der
Bundesregierung wird überlegt, unter Verweis auf die besondere
Schutzbedürftigkeit, das Auftragsprofil zurückzuhalten. Bis heute
kennen die Parlamentarier dieses Papier nicht.
Die Bundesregierung lehnte auf Anfrage von NDR, WDR und SZ eine
Stellungnahme wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens gegen Markus
R. ab.
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