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Mittelbayerische Zeitung: Deutschland hat mit allem Militärischen zurecht ein Problem. Doch so wie jetzt geht es nicht weiter. Leitartikel zu deutschen Rüstungslieferungen von Christian Kucznierz

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(ots) - Es ist noch nicht so lange her, dass
Deutschland 86 Leopard-2-Panzer nach Katar verkaufte. Das Emirat ist
ungefähr eine so lupenreine Demokratie wie Putins Russland. Die
Landesgrenzen hatte Katar mit den hochmodernen Panzern nicht
absichern wollen. Dafür sind Räumschilder für den Leopard lieferbar,
mit dem sich prima Barrikaden von Demonstranten beseitigen lassen.
Gerade einmal ein Jahr später streitet die deutsche Politik darüber,
ob man den kurdischen Peschmerga mit Waffen helfen soll oder darf -
und das, obwohl sie offenbar als einzige mutig und fähig genug sind,
dem blutigen Terror der IS-Milizen im Nordirak Einhalt zu gebieten
und somit die einzige Hoffnung für Tausende darstellen, denen der
Völkermord droht. Ein bisschen Krieg geht nicht. Doch genau das ist,
was die Bundesregierung macht. Sie mischt indirekt mit. Entweder mit
Waffenlieferungen. Oder mit dem Aufrechterhalten des Trugbilds vom
brunnenbauenden Bundeswehrsoldaten, das regelmäßig erschüttert wird,
wenn ein Sarg mit der Deutschlandflagge darauf nach Hause
transportiert wird. Deutschland braucht eine klare Linie in der
Frage, welche Form von militärischer Hilfe es leisten will. Die
Bürger und die Soldaten, die Beschäftigten der Rüstungsindustrie: Sie
alle wissen doch schon lange nicht mehr, was sie glauben sollen.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat nun einen Pflock
eingeschlagen, indem er sagte, die Exporte müssten zurückgefahren
werden. Mit dem Tod dürfe man keine Geschäfte machen. Man mag diese
Aussage ablehnen oder teilen. Aber zumindest hat er endlich einen
Standpunkt abgeliefert. Wir leben nicht mehr in der alten Welt und
der alten Bundesrepublik, in der Papa noch "zum Bund" gegangen ist in
der Erwartung, dass "der Russe" eh nie kommt. Deutschland hat seine
Armee konsequenterweise umgebaut zu einer Einsatzarmee, die bereit




ist, im Auftrag von Nato oder UN seine Soldaten in einen Krieg zu
schicken. Alleine, bis dieses Wort ausgesprochen werden konnte, hat
es Jahrzehnte gedauert. Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg
ausgehen: Dieser Satz gehört zurecht zum Grundbekenntnis dieses
Landes. Das heißt aber nicht, dass Deutschland nicht bereit ist,
Verantwortung zu übernehmen, auch militärisch. Mittlerweile wird das
auch von vielen Deutschen so akzeptiert. Aber Deutschland mischt auch
auf andere Art und Weise in Kriegen in aller Welt mit. Weil auf
deutschem Boden Waffen hergestellt werden, deren Qualität geschätzt
wird - was nichts anderes heißt, als dass sie gut töten. Diese
Tatsache wird gerne verschwiegen. Doch das geht so nicht mehr.
Entweder, Deutschland steht dazu, heute auch eine militärische Macht
zu sein; dann müssen Waffenlieferungen normal sein, auch in
Krisenregionen, wenn die Entscheidung dazu politisch zu rechtfertigen
ist. Oder aber nicht. Dann bleiben deutsche Waffen und deutsche
Soldaten aber auch im Land und werden nur zum Selbstschutz oder
maximal zum Schutz von Partnern verwendet. Beides sind Standpunkte,
die man vertreten kann. Man muss es halt tun. Noch einmal: Ein
bisschen Krieg geht nicht. Wir brauchen eine öffentliche Debatte
darüber, welche Rolle Deutschland militärisch in der Welt spielen
will. Dazu gehört nicht nur die Frage nach dem direkten Engagement,
sondern auch die nach dem indirekten. Bei aller Schmerzhaftigkeit:
Diese Debatte muss endlich zu Ende geführt werden. Und vor allem muss
sie endlich einmal den Bürgern erklärt werden. Das wäre aber Aufgabe
der Kanzlerin. Nicht des Wirtschaftsministers, der clever genug ist,
das Entscheidungsdefizit der Regierungschefin in Grundfragen derzeit
zu seinem Vorteil zu nutzen.



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Datum: 19.08.2014 - 19:39 Uhr
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