(ots) - Die Insolvenz des Westfälischen Zeitungsverlages
war zu erwarten, nachdem ein erfahrener Insolvenzverwalter kürzlich
zum Geschäftsführer des Westfälischen Zeitungsverlags bestellt worden
war.
Es handelt sich um den vorletzten Akt in einem Drama, dessen
Höhepunkt die interessierte Öffentlichkeit bereits im vergangen Jahr
durch die Aufgabe eigenständiger Lokalausgaben und eine große
Entlassungswelle erleben durfte.
Um einen letzten Rest von Wettbewerb der Zeitungen im östlichen
Ruhrgebiet zu sichern, hatte das Bundeskartellamt den Antrag der
Funke Mediengruppe auf eine Sanierungsfusion zwischen "Westfälische
Rundschau" und "Westdeutsche Allgemeinen Zeitung" einerseits und den
"Ruhr Nachrichten" andererseits abgelehnt.
Mit dem Insolvenzantrag für die sieben Ausgaben von "Westdeutsche
Allgemeine Zeitung" und "Westfälische Rundschau" in Dortmund,
Schwerte, Lünen und Castrop-Rauxel strebt die Funke Mediengruppe nun
dieses Ziel, nämlich den Verkauf der "Rundschau"- und "WAZ"-Leser an
die "Ruhr Nachrichten", über einen Umweg an.
Im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverantwortung behält das
Unternehmen die Zügel über alle Geschäftsvorgänge in der Hand. Es
muss vor Gericht lediglich nachgewiesen werden, dass der Westfälische
Zeitungsverlag über ausreichend Potential verfügt, um nach gelungener
Sanierung den Geschäftsbetrieb fortzuführen.
In diesem speziellen Fall sind Gläubiger nicht zu befriedigen, die
reformierte Insolvenzordnung sieht vor, dass weder eine Ãœberschuldung
noch Zahlungsunfähigkeit vorliegen müssen, um ein Insolvenzverfahren
zu beantragen. Es genügt, wenn eine "drohende Zahlungsunfähigkeit"
nachgewiesen wird.
Es kann indes kein Zweifel daran bestehen, dass der Westfälische
Zeitungsverlag defizitär arbeitet.
Der Insolvenzantrag in Eigenverwaltung hat deshalb zum Ziel, die
wirtschaftlich notleidenden Lokalausgaben zu verkaufen. Im Rahmen der
"Masseverwertung" bilden die Abonnenten und Leser von "WR" und "WAZ"
den mit Abstand "verwertungsträchtigsten" Vermögenswert.
Weil bei einer Angliederung dieser Ausgaben an die "Ruhr
Nachrichten" die Synergieeffekte am höchsten sind und sich
andererseits bisher kein weiterer Interessent/Zeitungsverlag zur
Ãœbernahme der in Frage stehenden Ausgaben gemeldet hat, wird der Deal
wohl wie gewünscht über die Rampe gehen - zum beiderseitigen Vorteil
der Verlage.
Die "Ruhr Nachrichten" können dank gewachsener Auflage ihre
Anzeigen- und Vertriebserlöse steigern und am Markt quasi eine
Monopolstellung erlangen, die Funke-Gruppe stopft eine
Defizit-Quelle.
Weder das Kartellamt noch ein Insolvenzgericht werden dieses
rationale und sozusagen "naturwüchsige" Marktgeschehen stoppen
können.
Erst später wird sich die Frage stellen, ob die "verkauften" bzw.
in die Insolvenz geschickten Leser der "WR" und "WAZ" künftig unter
dem Dach der "Ruhr Nachrichten" noch wenigstens mit einem eigenen
Mantelteil aus der Feder der "WAZ"-Zentralredaktion beliefert werden,
nachdem die Lokalteile schon aus dem Hause Lensing kommen.
Für diese Dienstleistung aus Essen müsste Lensing dann allerdings
bezahlen.
Vertriebspolitische Vernunft legt nahe, dass Titel,
Erscheinungsbild und publizistische Angebote im Mantelteil zumindest
noch für eine Übergangszeit eigenständig bzw. mit einer optischen
Anmutung von "WR" und "WAZ" erhalten bleiben.
Für den Zeitungsverlag der "Ruhr Nachrichten" wird es am Ende nur
noch darum gehen, wie diese "Warenunterschiebung" dekorativ kaschiert
werden kann.
Frank Bünte
Zur Person: Frank Bünte war Chefredakteur der "Westfälischen
Rundschau" von 1988 bis 2004.
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