(ots) - Der Berliner Historiker Henning Köhler hat die
Veröffentlichung von Aussagen des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl
durch den Publizisten und zeitweiligen Ghostwriter Kohls, Heribert
Schwan, als "grotesken Vertrauensbruch" kritisiert. Was Kohl über
langjährige Wegbegleiter zu Schwan gesagt habe, "stand gewiss unter
dem Siegel der Verschwiegenheit und war doch nicht für die Nachwelt
bestimmt", sagte Köhler dem "Kölner Stadt-Anzeiger"
(Mittwoch-Ausgabe). Der emeritierte Professor für Neuere
Zeitgeschichte legt in Kürze eine eigene Kohl-Biografie vor. In den
Gesprächen, die er dafür mit Kohl führte, habe er nie abschätzige
Äußerungen über andere Politiker und Parteifreunde gehört, wie Schwan
sie schildert. "Gehört hat sie ein Mann seines Vertrauens - in einer
Situation, in der Kohl nicht im Entferntesten damit rechnen musste,
dass diese Worte jemals veröffentlicht werden würden", so Köhler. Den
Versuch, die Preisgabe protokollierter Gesprächsinhalte als Dienst an
der Zeitgeschichte und einer möglichst umfassenden Information der
Öffentlichkeit über Kohl zu rechtfertigen, nannte Köhler verlogen und
sprach von "medialer Chuzpe". "Die Grenzen dessen, was die
Öffentlichkeit zu interessieren hat, werden in Deutschland durch
Gerichte gesetzt. Ich bin, ehrlich gesagt, überrascht, dass noch kein
Versuch unternommen wurde, gegen Schwans Buch juristisch vorzugehen",
sagte Köhler. In einer Dauerkonfrontation des früheren Kanzlers mit
den ihm feindlich gesonnenen Medien habe Kohl auf Vertrauensschutz
immer größten Wert gelegt. Von Männern aus seiner nächsten Umgebung
wie Rudolf Seiters oder Horst Teltschik würde man "auch nie etwas
gehört haben, worüber Kohl sich in diesem Sinne hätte mokieren
müssen. Diese Leute haben einfach den Mund gehalten."
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