(ots) - Die Stimmung kippt. Es ist die Vorahnung einer
Stagnation. Seit Wirtschaftsminister Gabriel die Konjunkturprognose
absenkte, ist eine Ausnahmestellung fraglich: Ob Deutschland die
Finanzkrise weiter robust durchstehen wird? Für die Unruhe gibt es
genug Belege, der raue Umgangston in der Großen Koalition, härtere
Verteilungskonflikte zwischen Bund und Ländern, die Zerrissenheit des
Finanzministers. In der "Welt am Sonntag" hat Wolfgang Schäuble
gleichzeitig gegen das (Krisen-)"Gerede" gewettert und selbst die
Balance seiner Sparpolitik zur Diskussion gestellt. Mehr
Investitionen will er, da müsse man ran - "und zwar bald und
konkret".
Es selbst anzusprechen, ist klug. Schließlich haben sich für heute
in Berlin die französischen Minister für Wirtschaft und Finanzen
angemeldet. Man weiß, was sie umtreibt - eine Art "New Deal" auf
EU-Ebene. Man weiß auch, dass die Sozialdemokraten in Berlin ihnen
zustimmen und auf ein 300-Milliarden-Paket hoffen, das
EU-Kommissionspräsident Juncker plant, um Wachstum und Jobs zu
schaffen.
Auch Schäuble verweist auf Europa, wohl in der Hoffnung, dass er
daheim seine "schwarze Null" retten kann. Auf Gedeih und Verderb wird
er 2015 einen ausgeglichenen Etat vorlegen. Viele führen es auf
seinen Ehrgeiz zurück, als erster Finanzminister seit fast 50 Jahren
ohne neue Schulden auszukommen. Das greift zu kurz. Es geht um mehr
als Eitelkeit. Wird das Ziel verfehlt, stehen Kanzlerin Merkel und er
in der EU als substanzlose Besserwisser da. Beide hatten den
Krisenländern eine Sparpolitik empfohlen. Die Legitimation für die
(Rat-)Schläge war, dass Deutschland so wenig in Mitleidenschaft
gezogen wurde.
Aber die Zweifel nehmen zu. Wenn es richtig ist, was kolportiert
wird, betrachtet der Wirtschaftsminister die schwarze Null als
unhaltbar. Gabriel achtet nur darauf, dass von seiner Partei keine
Kassandrarufe kommen. Wenn also eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede zu
halten ist, sollen Merkel und Schäuble sie leisten. Noch wächst die
deutsche Wirtschaft leicht. Aber wenn Rezession droht, müsste Merkel
alle Ausgaben daraufhin überprüfen, ob sie der Konjunktur helfen.
Dann wäre ihre Regierung endgültig nicht mehr auf der Sonnenseite.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de