(ots) - 22. Oktober 2014 - Nach dem Bekanntwerden von
Spionage-Angriffen aus Bahrain auf Ziele in Deutschland mittels
deutscher Software fordern Politiker eine schärfere Export-Kontrolle:
"Die Bundesregierung unter Angela Merkel hat das Problem des Exports
deutscher und europäischer Überwachungs-Software in Despotenhände
viel zu lange ignoriert", sagte Konstantin von Notz,
stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag dem
Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 11/2014, EVT 23. Oktober) am
Rande des IT-Gipfels in Hamburg. "Eine effektive Exportregulierung in
Deutschland und der EU ist seit langem überfällig", so von Notz. "Die
Bundesregierung muss ihre höchst fragwürdigen Allianzen mit den seit
langem bekannten Firmen endlich beenden - sonst wird dies nicht der
letzte Bumerang sein, der sie erreicht."
Nach 'Capital'-Recherchen haben Behörden des Golfstaats Bahrain im
Jahr 2012 mehrere Ziele in Deutschland mit einer
Überwachungs-Software der Münchener Firma Finfisher ausspioniert, die
zuvor nach Bahrain exportiert wurde. Dies geht aus Unterlagen der
Software-Firma hervor. Juristen des Europäischen Zentrums für
Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) haben deshalb bei der
Staatsanwaltschaft München Strafanzeige gegen Mitarbeiter der Firma
Finfisher gestellt. Die Firmen-Verantwortlichen hätten sich durch die
Lieferung und Wartung des Trojaners an die bahrainische Regierung der
Beihilfe zum Ausspähen von Daten in Deutschland schuldig gemacht,
heißt es in der Strafanzeige des ECCHR, die 'Capital' vorliegt.
"Sollte sich bewahrheiten, dass die Käufer von Spionage- und
Überwachungssoftware tatsächlich eben diese Programme gezielt auch in
Deutschland eingesetzt haben, wäre dies ein handfester Skandal, den
die deutsche Bundesregierung direkt mit zu verantworten hätte", sagt
Grünen-Politiker Konstantin von Notz. "Die Bundesregierung drückt bei
entsprechenden Exporten nicht nur seit Jahren beide Augen zu, sie
unterstützt sie seit langem sogar aktiv, unter anderem durch die
Gewährung von Hermes-Bürgschaften und durch Hilfen bei Werbung und
beim Export auch in menschenrechtlich höchst fragwürdige Staaten",
kritisiert von Notz. Auf europäischer Ebene habe die Bundesregierung
sich in den vergangenen Jahren gar gegen Bemühungen, die bestehenden
Exportbestimmungen zu effektivieren, ausgesprochen.
"Bis heute arbeiten Bundesregierung und Sicherheitsbehörden eng
mit den höchst fragwürdigen Anbietern deutscher und europäischer
Überwachungssoftware zusammen", kritisiert der Grünen-Politiker. So
habe die Bundesregierung entsprechende Exporte nicht nur über Jahre
aktiv unterstützt, sondern den Anbietern wiederholt Aufträge der
öffentlichen Hand zugeschanzt, beispielsweise für die Programmierung
des verfassungsrechtlich fragwürdigen Bundestrojaners. "Hier hat man
allzu gern auf die Hilfe derjenigen Firmen zurückgegriffen, von denen
man wusste, dass sie die mit deutschem Steuergeld gebauten Programme
in Despoten-Hände geliefert haben", sagt von Notz. Obwohl
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Exportrestriktionen
angekündigt habe, sei bis heute nichts geschehen. "Der
Bundesregierung war das Problem seit langem bekannt", so der
Grünen-Politiker. "Sie hat es wissentlich ignoriert. Man wollte
offenbar gar nicht genau hinschauen."
Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko kritisierte den
Export deutscher Ãœberwachungs-Software: "Es liegt in der Natur der
Sache, dass die digitale Ãœberwachung nicht an Staatsgrenzen halt
macht", so Hunko. "Die einzige Lösung gegen die ausufernde Ausspähung
ist, das digitale Arsenal der Behörden im In- und Ausland
herunterzufahren und den Export in repressive Staaten wie Bahrain zu
verbieten." Dass das ECCHR nun Strafanzeige gegen Finfisher gestellt
habe, "begrüße ich angesichts der allem Anschein nach regen
Unterstützung der Firma für die bahrainischen Behörden", sagte der
Politiker gegenüber 'Capital'. Die Münchner Firma Finfisher hat auf
Anfragen des Magazins nicht reagiert.
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