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Mittelbayerische Zeitung: Alles nur halb so schlimm / In Rom geht die Welternährungskonferenz zu Ende: Der gute Wille ist da, mehr aber auch nicht. Leitartikel von Pascal Durain

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(ots) - So ein Dokument muss gut aussehen, es muss sich
schön lesen, und darf nicht diejenigen, die es unterzeichnen,
schlecht aussehen lassen - das dauert schon mal sechs Jahre: Das ist
die Abschlusserklärung aus Rom zur Welternährungskonferenz. Einer
dreitägigen Veranstaltung, bei der viel Wichtiges endlich laut
ausgesprochen wurde - es aber an Tatendrang mangelt. Und das vor den
Augen von 800 Millionen Menschen, die hungern und leiden, obwohl wir
in eier Welt des Ãœberflusses leben. Oder wie Papst Franziskus es vor
der UN-Konferenz anprangerte: "Es gibt genug Nahrung für alle, aber
nicht alle können essen." Die Lebensmittelindustrie agiert global -
ohne Frage ist Ernährung ein hochkomplexes Thema, es ist richtig,
dass eine Erklärung abgegeben worden ist und auch die Qualität der
Nahrung in den Mittelpunkt gerückt ist. Doch die Konferenz machte
deutlich: Dem Menschenrecht auf Nahrung fehlt es nach wie vor an
Geltung. Von Mittwoch bis Freitag fand nach 1992 in der italienischen
Hauptstadt die zweite Welternährungskonferenz statt. Schon am ersten
Tag verabschiedeten die Delegierten aus mehr als 170
Teilnehmerstaaten ihre Erklärung, mit der sie 2016 das "Jahrzehnt der
Ernährung" ausrufen wollen - die das Recht jedes Menschen auf Zugang
zu ausreichendem und gesundem Essen festschreibt. Die Staatenlenker
fordern sich in dem Papier gegenseitig auf, Mangelernährung in all
ihren Formen zu bekämpfen - und dazu gehört auch Fettleibigkeit. Bis
zum nächsten Treffen in Rom soll der Hunger in der Welt halbiert
sein. 400 Millionen Hungerleidende sind ja auch nur halb so
schlimm... Dabei erklärte José Graziano, Generaldirektor der
UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO: "Wir haben das
Wissen, die Expertise und die Ressourcen, um alle Formen der
Mangelernährung zu besiegen." Doch schon jetzt ist klar, dass die




Konferenz mit ihren Zielen scheitern wird. Und zwar nicht, weil die
Bevölkerung weiter steigen wird und täglich tausende Hektar Land
unfruchtbar werden, sondern weil den warmen Worten die
Entschlossenheit fehlt, tatsächlich eines der drängendsten Probleme
dieser Zeit zu lösen. Der Aktionsplan nennt nur "Empfehlungen", die
weder verpflichtend noch ausreichend überprüfbar sind, geschweige
denn die Ursachen angeht: Wenige multinationale Konzerne, die den
Markt und den Preis bestimmen und Ressourcen zerstören,
Handelsabkommen, die zwar profitabel, aber verheerend für Erzeuger
sind, Gentechnik, kaum gesetzliche Schranken - all das bleibt außen
vor, maßgebliche Akteure werden nicht in die Pflicht genommen. Der
Handel hat Vorrang. Nahrungsmittel bleiben Spekulationsobjekte, die
Preisschwankungen und einem weltweiten Wettbewerb unterworfen sind.
Die Europäische Union wird weiter Milliarden für die Subvention ihrer
Böden ausgeben, während ihre von Billigpreisen verwöhnten Bewohner
jährlich Nahrung im Wert von 100 Milliarden Euro wegwerfen - das wäre
eigentlich genügend, damit niemand mehr hungern müsste. Aber es
bleibt im theoretischen Konjunktiv so lange unser Konsum keine
Grenzen kennt. Es ist nicht leicht in diesem globalen System nur
einen einzigen Schuldigen zu identifizieren: All jene Mechanismen
haben Menschen zu verantworten, sie können diese auch brechen. Aber
gerade deswegen braucht es mehr mündige Verbraucher und Erzeuger, die
sich diesem Kreislauf verweigern. Preis und Produktivität dürfen
nicht die bestimmende Komponente sein, wenn es um das geht, was wir
zu uns nehmen - oder worauf man lieber verzichtet. Ernährung ist
heutzutage nicht nur das Bedürfnis, satt zu werden - es heißt auch,
Verantwortung zu übernehmen.



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Datum: 21.11.2014 - 21:00 Uhr
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