Nach fast einem Jahr im Betrieb ist es Zeit für ein kurzes Fazit und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des bayerischen Leuchtturmprojekts 2014. Das Projekt „Energetische Optimierung der Kläranlage Bad Abbach durch Nachrüstung einer anaeroben Klärschlammbehandlung“ wurde auf der IFAT 2014 mit dem „Umweltcluster Leuchtturm 2014“ für die ausgezeichnet. Planungsbeginn war April 2011, Baubeginn 2012, der Faulturm wurde im Dezember 2013 in Betrieb genommen.
(firmenpresse) - Nach fast einem Jahr im Betrieb ist es Zeit für ein kurzes Fazit und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des bayerischen Leuchtturmprojekts 2014. Das Projekt „Energetische Optimierung der Kläranlage Bad Abbach durch Nachrüstung einer anaeroben Klärschlammbehandlung“ wurde auf der IFAT 2014 mit dem „Umweltcluster Leuchtturm 2014“ für die ausgezeichnet. Planungsbeginn war April 2011, Baubeginn 2012, der Faulturm wurde im Dezember 2013 in Betrieb genommen.
Umweltcluster Bayern: Hat der „Leuchtturm“ einen guten Platz in Bad Abbach bekommen? Wie war die bisherige Resonanz auf die Auszeichnung mit dem Umweltcluster Leuchtturm 2014? Haben Sie Anfragen von anderen Standorten erhalten und/oder zusätzliche Interessenten über die Anlage geführt?
Markt Bad Abbach, Herr Dieter Krückl: Der Gewinn des Umweltcluster Leuchtturm 2014 ist für den Markt Bad Abbach eine große Ehre und dementsprechend würdig haben wir die Trophäe zunächst einmal im Rathaus ausgestellt. Wir wollten der Bevölkerung von Bad Abbach diese Auszeichnung in Verbindung mit dem Umbau der Kläranlage nochmals näherbringen bevor der Leuchtturm seinen endgültigen Standort auf der Kläranlage eingenommen hat.
In den Fachkreisen hat sich der Gewinn schnell herumgesprochen. Dementsprechend hoch war und ist das Interesse bis jetzt. Es gibt Anfragen von anderen Kommunen, Wasserzweckverbänden, Ingenieurbüros oder Fachhochschule bzgl. einer Betriebsbesichtigung. Das Kläranlagenpersonal kommt den Wünschen nach einer Führung natürlich sehr gerne nach. Unser Ingenieurbüro Beratende Ingenieure Bauer BBI Regensburg hat den Tag der Energie der Ingenieurkammer Bau auf der Kläranlage in Bad Abbach organisiert und durchgeführt. Die Erwartungen bzgl. Interesse und Besucherzahlen wurden an diesem Tag wieder einmal weit übertroffen.
Umweltcluster Bayern: Die energetische Optimierung durch Nachrüstung einer anaeroben Klärschlammbehandlung wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz im Rahmen eines Pilotprojekts „Kläranlage der Zukunft“ mit 50% der zuwendungsfähigen Kosten gefördert. Wie sind Sie mit der Entwicklung des Projekts zufrieden? Wurde mit der Auszeichnung der Anlage mit dem „Umweltcluster Leuchtturm“ gleichzeitig eine „Kläranlage der Zukunft“ ausgezeichnet?
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Herr Oskar Beck/Herr Raimund Lederer: Die Nachrüstung der Kläranlage Bad Abbach mit einer anaeroben Klärschlammbehandlungsanlage ist ein wichtiger Baustein im Rahmen unseres umfassenden Projekts „Kläranlage der Zukunft“. Die bisherigen Betriebsergebnisse in Bad Abbach bestätigen überzeugend, dass es möglich ist, auch bei einer kleineren Kläranlage wirtschaftlich eine Schlammfaulung mit energetischer Faulgasverwertung zu betreiben. Damit werden die Energieeffizienz der Kläranlage gesteigert, der Strombezug vermindert und zugleich die Emission des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid verringert. Kläranlagen, die dies leisten, gehören mit Recht zu den „Kläranlagen der Zukunft“.
Umweltcluster Bayern: Die Maßnahme wurde im Auftrag des Bayerischen Landesamtes für Umwelt wissenschaftlich begleitet, mit dem Ziel, die Erkenntnisse auf andere kleine Kläranlagen zu übertragen. Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Ergebnisse und die Möglichkeit der Übertragung der Ergebnisse auf andere Standorte?
Bayerisches Landesamt für Umwelt, Herr Stefan Bleisteiner: Wir, das Bayerischen Landesamt für Umwelt, sind mit dem bisherigen Projektverlauf außerordentlich zufrieden. Mit dem Vorhaben in Bad Abbach konnte eine kleine Kläranlage erfolgreich mit einer Klärschlammfaulung nachgerüstet werden. Die ingenieurtechnische und wissenschaftliche Begleitung lässt bereits zu diesem Zeitpunkt erkennen, dass die gesteckten Ziele erreicht werden:
Die bisherigen Einsparungen an Strom- und Klärschlammentsorgungskosten entsprechen den Erwartungen ebenso wie die Möglichkeit kostengünstige Technologien aus dem Biogasanlagenbereich mit entsprechenden Modifizierungen auch im kommunalen Bereich einsetzen zu können.
In Bayern gibt es rund 130 Kläranlagen mit aerober Schlammstabilisierung im Bereich von 10.000 – 50.000 EW Ausbaugröße, die besonders für die Nachrüstung einer Faulung in Frage kommen. Die Betreiber dieser Kläranlagen finden in Bad Abbach nun eine umfassend untersuchte Referenzanlage für den Einsatz der Anaerobtechnik. Hier ist energetisches Einsparpotenzial bei der Abwasserbehandlung vorhanden, das in Zeiten von Energiewende, Klimawandel und steigender Energiepreise genutzt werden sollte
Umweltcluster Bayern: Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch ATM Abwassertechnik zusammen mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Welche neuen Erkenntnisse ergaben sich durch die Untersuchung? Welche Empfehlungen könnten Sie Interessenten anderer Standorte geben? Wie werden die wissenschaftlichen Ergebnisse zugänglich gemacht?
ATM Abwassertechnik, Herr Detlef Wedi: Nach dem bisherigen Betrieb ist abzusehen, dass die wesentlichen Projektziele durchweg erreicht werden. Die eingesetzte Bau- und Betriebsweise des Faulbehälters aus Stahl mit integriertem Gasspeicher erweist sich für den Einsatz auf einer Kläranlage als geeignet. Der Betrieb des eingesetzten kleinen BHKW zeigt sich prozessstabil.
Durch die Verfahrensumstellung auf eine anaerobe Stabilisierung ergibt sich trotz der komplexeren Verfahrenstechnik ein nahezu unveränderter Strombedarf im Vergleich zur simultan aeroben Schlammstabilisierung als Referenz. Der Anteil der Eigenstromerzeugung durch die Verstromung des Faulgases liegt jedoch bei rund 65% des Stromverbrauches. Der Schlammanfall kann gegenüber dem Referenzzustand um 24% reduziert werden. Demgegenüber steht ein erhöhter Personalaufwand von ca. 35 Stunden/Monat.
Neben der hohen Prozessstabilität lässt sich aus der Höhe der Investitionen und der laufenden Kosten am Beispiel der Kläranlage Bad Abbach absehen, dass eine verfahrenstechnische Umstellung in der durchgeführten Weise allein aus der Einsparung laufender Kosten bereits bei einer Auslastung von ca. 10.000 EW langfristig wirtschaftlich sein kann. Können zudem bauliche Erweiterungsmaßnahmen, z.B. Erweiterung von Belebungsbecken, vermieden werden, wird der wirtschaftliche Einsatz der anaeroben Schlammstabilisierung auf kleineren Kläranlagen noch weiter gestützt. Ebenso verbessern höhere Energie- und Schlammverwertungskosten die wirtschaftlichen Rahmenbedin¬gungen zugunsten der anaeroben Schlammstabilisierung. Die Verfahrensumstellung sollte daher bei Kläranlagen mit mittleren Auslastungen von 8.000 bis 20.000 EW immer im Einzelfall geprüft werden.
Da das Projekt nicht abgeschlossen ist, können an dieser Stelle noch keine abschließenden verallgemeinerten Aussagen gemacht werden. Hier wird auf den Abschlussbericht verwiesen, der im Frühjahr 2015 in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt erstellt wird. Die wichtigsten Ergebnisse sollen nach Abschluss des Pilot-Projekts in Seminaren, Fachvorträgen und Publikationen vorgestellt werden.
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Herr Prof. Dr. Oliver Christ: Durch dieses Leuchtturmprojekt konnten wir einmal mehr zeigen, dass Abwasser eine Ressource darstellt, die verwertet anstatt entsorgt werden muss. Beim Thema Energiewende wird landläufig nur an Wind, Sonne und nachwachsende Rohstoffe gedacht. Abwasser und andere Reststoffe sind hierbei kaum in der öffentlichen Wahrnehmung verankert. Neben den technisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sicher auch in die einschlägigen Regelwerke eingehen werden, freut es mich besonders, dass wir das Energiepotenzial von Abwasser einer breiteren Öffentlichkeit aufzeigen konnten.
Das Projekt beendet somit hoffentlich die ziemlich paradoxe Vorgehensweise bei der Abwasserbehandlung in kleineren Kläranlagen, bei der wertvolle chemisch gebundene Energie in Form von organischem Kohlenstoff im Abwasser unter energieintensiver Zuführung von Luft-Sauerstoff eliminiert wird. Die Alternative dazu wird in Bad Abbach aufgezeigt, da hier der Kohlenstoff in Biogas zur Stromerzeugung umgewandelt wird.
In Bad Abbach konnten wir die Grundlagen dafür legen, um zu beurteilen unter welchen Randbedingungen diese Technik wirtschaftlich eingesetzt werden kann. Zusammen mit der Verleihung des Leuchtturms in den vergangenen Jahren für die beiden Projekte „Wärmegewinnung aus Abwasser in der Kanalisation“ sowie „Energieerzeugung aus Klärschlamm“ hat der Umwelt Cluster Bayern das richtige Gespür für Technologien gezeigt, die zwei Funktionen aufweisen: Umwelt schützen und Energie erzeugen.
Umweltcluster Bayern: Die Planung der Erweiterung der Kläranlage und die Umstellung auf eine getrennte anaerobe Schlammstabilisierung erfolgte durch BBI Bauer Beratende Ingenieure. Was waren die Herausforderungen bei der Planung und wie beurteilen Sie die Umsetzung und den aktuellen Betriebsstatus der Anlage?
BBI Bauer Beratende Ingenieure, Projektleiter Dipl.-Ing. Kai Chistensen: Mit dem Einsatz der Biogastechnologie im Kläranlagenbau betreten wir in der Planung Neuland. Bei diesem Pilotprojekt konnten wir deshalb nicht auf bestehende und erprobte Systeme zurückgreifen, sondern mussten unseren Erfahrungsschatz bei der Anpassung der Technologie an die besonderen Anforderungen auf Kläranlagen einsetzen. Die bisherigen Ergebnisse und Betriebserfahrungen bestätigen vollumfänglich unserer Ansätze und die gewählten Lösungen. Nach der Einfahrphase kann die Kläranlage rund zwei Drittel des benötigten Stroms selbst erzeugen und die Abwärme des Gasmotors wird zum Heizen genutzt. Zudem hat sich die Menge des anfallenden Klärschlammes um etwa ein Viertel reduziert. Damit wurden die Projektziele größtenteils sogar übertroffen.
Umweltcluster Bayern: Bei der Umstellung auf getrennte anaerobe Schlammstabilisierung und der im Rahmen der Gesamtmaßnahme erfolgten Sanierungs-, Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten musste auch die Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik angepasst werden. Diese Aufgabe wurde durch ELO-consult Elektrofachplanungs-GmbH übernommen. Welche Maßnahmen waren notwendig und wie beurteilen Sie den aktuellen Status der Anlage diesbezüglich? Welche Empfehlungen würden Sie Interessenten von anderen Standorten mit auf den Weg geben?
ELO-consult Elektrofachplanungs-GmbH, Frau Andrea Huy: Aufgrund der Umstellung, die natürlich während des laufenden Betriebs erfolgen musste, war es nötig, die neue Steuerungstechnik samt Energieversorgung parallel aufzubauen und sukzessive umzulegen. Eine Nachrüstung bzw. Anpassung innerhalb der vorhandenen Schaltanlage war nicht mehr möglich. Zur Gesamtsteuerung wurde das bestehende Leitsystem entsprechend erweitert, angepasst und bedientechnisch von der Fernwirksteuerung der Außenstationen getrennt.
Zur Verkabelung aller neuen Anlagenteile wurde eigens ein entsprechendes Kabelzugsystem aufgebaut und an das bestehende angebunden. Aufgrund der baulichen Fortschritte war dies ebenso nur sukzessive möglich.
Dadurch war der Aufwand zur Installation und Inbetriebnahme entsprechend höher als bei einer kompletten Sanierung bzw. einer neuen Anlage.
Aufgrund der Pilotanforderungen war es auch für uns eine Herausforderung, alle Messwerte und steuerungstechnischen Anlagenteile in der Zentrale zu vereinen und so aufzubauen, dass jederzeit eine Anpassung des Betriebes zur Optimierung der Abbauprozesse mit entsprechender Datenaufzeichnung erfolgen kann. Dafür war es auch nötig, entsprechende Kopplungen innerhalb der Schaltanlage sowie zu den bauseits gelieferten Anlagenteilen aufzubauen und in den Prozess einzubinden.
Trotz aller Aufwendungen können nun überaus erfreuliche Werte in Bezug auf den biologischen Abbauprozess sowie die Stromeigenerzeugung nachgewiesen werden. Teilweise kann der Tagesenergieaufwand von ca. 800 kWh bis zu 2/3 durch das eingebaute Gasaggregat abgedeckt werden.
Gezeigt hat sich, dass es sehr wichtig ist, bereits in der frühen Entwicklungsphase des Projektes unsere Elektrofachplanung in die Prozesse einzubinden. Damit kann sichergestellt werden, dass bereits zu Beginn die richtige Einschätzung der bestehenden Steuerungstechnik und damit verbundenen Verwendung vorhandener Komponenten und Einbindung der neuen Anlagenteile mit dem richtigen Kostenansatz kalkuliert wird.
Der Umweltcluster Bayern hat es sich zur Aufgabe gemacht, visionäre Technologien zu fördern. Das Prädikat „Leuchtturmprojekt des Umweltclusters Bayern“ zeichnet ein Projekt aus, das einen vorbildlichen Beitrag zur Entwicklung der Umwelttechnologie in Bayern leistet und national wie auch international ein Zeichen setzt. Ein Leuchtturmprojekt zeigt Entwicklungsrichtungen auf und zeugt von unternehmerischem Mut und visionärem Denken. Die vom Umweltweltcluster Bayern ausgezeichneten Projekte profitieren vom Marketing durch das Netzwerk, zum Beispiel auf Messen und Veranstaltungen sowie durch eigens erstellte Werbematerialien und Veröffentlichungen in Fach- und Printmedien.
Der Umweltcluster Bayern ist das Netzwerk der bayerischen Umweltwirtschaft und Wissenschaft. Die Arbeit des Netzwerks zielt auf die Stärkung und den Ausbau der Umwelttechnologie in Bayern durch Vernetzung, Information und Verstärkung der Kooperation. Der Umweltcluster Bayern bündelt die bayerischen Kompetenzen in den Bereichen Trinkwasser- und Abwasseraufbereitung, Abfall & Recycling, Alternative Energiegewinnung - insbesondere Energie aus Abfällen und Biomasse - , Luftreinhaltung, Ressourceneffizienz, Stoffstrommanagement. Weitere Informationen: www.umweltcluster.net
Trägerverein Umwelttechnologie-Cluster Bayern e.V.
Presse: Dr. Barbara Giehmann
Am Mittleren Moos 48
86167 Augsburg
Tel.: +49 821 455798-20
Fax: +49 821 455798-10
E-Mail: barbara.giehmann(at)umweltcluster.net
www.umweltcluster.net
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