(ots) - Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ist kein
Anfänger. Es darf also angenommen werden, dass er sich am Montag eine
wohlkalkulierte Entgleisung leistete. Die von ihm angekündigte
Polizei-Sondereinheit, die sich auf straffällige Asylbewerber
konzentrieren soll, war genauso gemeint, wie sie klang. Als ein
ordnungspolitisches Machtwort. Das ging indes nicht so sehr an die
höchstens 170 Intensivtäter in den Heimen, die bislang aufgefallen
sind. Nein, hören sollten die Tausenden von Bürgern, die in Dresden
unter dem Banner rechtsextremer Scharfmacher mitlaufen. Eben die
Leute, die ihre Haustür lieber zweimal abschließen, seitdem im Ort
Asylbewerber untergebracht werden. Die glauben, ihre Häuser würden an
Wert verlieren, wenn nebenan Syrer einziehen. Die schon viele
schlimme Geschichten gehört haben, bevor sie den ersten Iraker
treffen. Die glauben, die Gefahren rund um die Heime würden von
Politik und Medien bewusst verschwiegen. Diese Leute sind keine
Extremisten, mit ihnen kann man noch reden. Das sollte man auch. Die
Landespolitik hat viel zu lange gewartet. Das Resultat ist nun eine
perfide Dresdner Variante der Montagsdemonstration. Demonstriert wird
hier nicht für Bürgerrechte, sondern gegen die Rechte Schutzsuchender
auf Aufnahme. Die Pegida-Kundgebungen konnten noch irgendwie
runtergespielt werden, als nur 300 Leute kamen. Doch innerhalb von
sechs Wochen wurden daraus 5500. Die marschieren mit ihren
Ressentiments ausgerechnet da auf, wo sich Sachsen von seiner besten
Seite zeigen will, vor der Semperoper. Ulbig ist hier doppelt in der
Pflicht, er will im Juni Oberbürgermeister werden. Sein Manöver war
ziemlich durchsichtig: Erst den besorgten Pegida-Mitläufern deutlich
sagen, dass hart durchgegriffen wird. Dann einen halben Schritt
zurück und lächeln, um niemanden zu verschrecken. Damit hat Ulbig für
die erste koalitionäre Herausforderung nach gerade eineinhalb Wochen
Schwarz-Rot gesorgt. Zwar lächelte die SPD-Integrationsministerin
Petra Köpping gestern auch, als sie Arbeitsprojekte und Sprachkurse
für die Neuankömmlinge ankündigte. Doch Jusos und
SPD-Kommunalpolitiker waren verstört über den Zungenschlag des
Innenministers. Es wird nicht die letzte Herausforderung bleiben.
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