(ots) -
Chemiekonjunktur 2014: Produktion und Umsatz legen leicht zu /
Beschäftigung weiter gestiegen / Investitionen von 7 Mrd. Euro
- Prognose 2015: Umsatz +1,5 %, Produktion +1,5 %, Preise -0,5 %
- Appell für mehr Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands
Die deutsche chemische Industrie ist 2014 nach wechselhaftem
Geschäftsverlauf letztlich unter ihren Erwartungen geblieben: Bei
insgesamt verhalten steigender Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen
legten Produktion und Umsatz um 1,5 Prozent zu. Das Geschäft mit
Kunden im Ausland verlief enttäuschend. Im Inland hingegen setzte
Deutschlands drittgrößte Branche deutlich mehr Produkte ab als im
Vorjahr.
Ausblick: Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) rechnet
damit, dass sich die wirtschaftliche Stabilisierung in der Eurozone
2015 fortsetzt. Auch in den Märkten außerhalb Europas identifiziert
der VCI positive Signale. "Für das deutsche Chemiegeschäft wird es
auch im kommenden Jahr moderat aufwärts gehen", umriss VCI-Präsident
Marijn Dekkers vor der Presse die Erwartungen für die Branche. "Im
Inland können wir auf die stabile Nachfrage unserer Kunden aus dem
Industrienetzwerk vertrauen. In unserem wichtigsten Auslandsmarkt
Europa zieht die Nachfrage weiter an. Das Geschäft mit den USA
erweist sich als sehr gut. Damit dürften die Chemieausfuhren auch im
kommenden Jahr weiter zulegen. Allerdings bleiben die Wachstumsraten
mäßig", erklärte Dekkers. Mit einer raschen Belebung der
Geschäftslage rechnet der VCI in den kommenden Monaten nicht.
Prognose 2015: So geht die Branche vorsichtig optimistisch ins
neue Jahr. Auch für 2015 rechnet der VCI mit einem Zuwachs der
Chemieproduktion von 1,5 Prozent. Bei leicht sinkenden
Erzeugerpreisen (-0,5 %) könnte der Umsatz um 1,5 Prozent auf über
196 Milliarden Euro steigen. Dabei setzt der Chemieverband in
Frankfurt darauf, dass das Geschäft seiner rund 1.700
Mitgliedsunternehmen mit Kunden im Ausland etwas stärker wächst (+1,5
%) als im Inland (+1,0 %).
Das Chemiejahr 2014: Zahlen und Fakten
Beschäftigung: Trotz der geringen wirtschaftlichen Dynamik haben
die Chemieunternehmen erneut über 4.000 Arbeitsplätze aufgebaut. Die
deutsche Chemie beschäftigt aktuell 442.500 Mitarbeiter (+1 %).
Investitionen: Die Branche hat 2014 ihre Mittel für Sachanlagen
aufgestockt. Sie investierte im Inland mit gut 7 Milliarden Euro 2
Prozent mehr als im Jahr davor. Die Hälfte davon entfiel auf
Erweiterung der Produktionskapazitäten.
Umsatz und Preise: Bei rückläufigen Preisen (-1 %) konnte die
Chemie ihren Gesamtumsatz nur leicht ausweiten: Mit 193,6 Milliarden
Euro lag der Umsatz 1,5 Prozent höher als im Vorjahr. Der
Inlandsumsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent auf 77,8
Milliarden Euro.
Außenhandel: Der Auslandsumsatz wuchs insgesamt um 1 Prozent auf
115,8 Milliarden Euro. Dabei konnte das Geschäft mit den
NAFTA-Staaten kräftig ausgeweitet werden (+5,5 %). Insbesondere der
Handel mit Pharmazeutika lieferte positive Impulse. Die Ausfuhren in
die europäischen Staaten konnten nur leicht zulegen (+1,0 %). Trotz
der Krimkrise entwickelte sich der Umsatz mit den osteuropäischen
Ländern unterm Strich positiv (+2,0 %). Zwar waren die Chemie- und
Pharmaexporte in die Region Russland-Ukraine stark rückläufig
(Russland: -6 %, Ukraine: -20 %). In diese beiden Länder gehen aber
nur rund 4 Prozent der gesamten deutschen Chemieexporte (Anteil
Russlands: 3,3 %). Die Auswirkungen auf die deutsche Chemie hielten
sich dadurch in Grenzen.
Innovationsfähigkeit des Industrie- und Chemiestandortes stärken
Um den Industrie- und Chemiestandort wettbewerbsfähiger zu machen,
sieht VCI-Präsident Dekkers Handlungsbedarf der Politik auf zwei
Feldern: Für mehr Innovationsfähigkeit und bezahlbare Energie zu
sorgen. "Wer die Innovationskraft der chemischen Industrie nachhaltig
stärkt, fördert die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des gesamten
Industrienetzwerkes in Deutschland."
Dekkers erneuerte in diesem Zusammenhang die Forderung des VCI
nach der Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung in dieser
Legislaturperiode. Zwei Drittel der 34 OECD-Staaten gewährten einen
solchen Bonus bereits und stimulierten damit mehr Forschungsausgaben
ihrer Unternehmen und so mehr Wirtschaftswachstum. Er sprach sich
außerdem dafür aus, bessere steuerliche Anreize für Investoren von
Wagniskapital zu schaffen, indem sie zum Beispiel Verlustvorträge
ohne Einschränkung des Zeitrahmens und der Höhe vornehmen können.
"Wir müssen in Deutschland eine mutigere Gründerkultur etablieren,
damit junge Unternehmen ihre Ideen erfolgreich umsetzen können.
Vernünftige Vorschläge liegen auf dem Tisch. Die Politik muss sie nun
auch umsetzen."
Dringender Handlungsbedarf besteht aus Sicht des VCI in der
Bildungspolitik. Alle international vergleichenden Studien stellten
hier seit vielen Jahren eine erhebliche Schwäche Deutschlands fest.
Der Chemieverband spricht sich dafür aus,
mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern über alle Bildungsstufen
hinweg mehr Raum im Unterricht einzuräumen. An allen weiterführenden
Schulformen sollte, so der VCI, der Anteil
mathematisch-naturwissenschaftlicher Fächer an den Pflichtstunden von
derzeit 28 auf 33 Prozent erhöht werden. Das Ziel einer guten Bildung
und exzellenter Wissenschaft dürfe nicht an der dezentralen
Zuständigkeit der Bundesländer scheitern. "Die geplante
Grundgesetzänderung zur Beteiligung des Bundes an der Finanzierung
der Hochschulen ist deshalb ein richtiger Schritt. Auch für den
Bildungsbereich wäre diese Kooperation wünschenswert", betonte der
VCI-Präsident.
Plädoyer für einen Strategiewechsel in der Energie- und
Klimapolitik
Mit Blick auf die Höhe der Stromkosten plädierte VCI-Präsident
Dekkers für einen Strategiewechsel in der deutschen Energie- und
Klimapolitik. Trotz Entlastungsregelungen - die nur gut 140 von rund
2.000 Unternehmen in der Chemie erhalten - zahlt die Branche 2014
fast 1 Milliarde Euro an EEG-Umlage. Diese Belastung schultert im
Wesentlichen der Mittelstand. Der Vorschlag von Dekkers: "Mit einer
alternativen Finanzierung der Energiewende - zum Beispiel über den
Bundeshaushalt - könnten die Förderzusagen des EEG eingehalten
werden, ohne den Strompreis in die Höhe zu treiben."
Außerdem hält der VCI in der Klimaschutzpolitik eine engere
Abstimmung mit den Vorgaben aus Brüssel für notwendig. Nationale
Alleingänge machten kaum mehr Sinn. Das zeige sich am Beschluss des
Europäischen Rates, die Treibhausgase in der EU bis 2030 um 40
Prozent (Basis 1990) zu verringern. Das bedeutet für die Chemie im
Rahmen des Emissionshandels, dass sie zusätzlich zu ihrer Vorleistung
von bisher fast -50 Prozent eine weitere Reduktion um 22
Prozentpunkte auf eine Minderungsquote von 70 Prozent erbringen muss.
"Wir akzeptieren diese politische Vorgabe. Und wir wollen unseren
Beitrag dazu leisten. Gleichwohl sehen wir derzeit weder eine
technische noch eine wirtschaftliche Lösung, wie die deutsche
chemische Industrie dieses hochgesteckte Ziel erreichen könnte",
sagte Dekkers. Andere relevante CO2-Verursacher - zum Beispiel
Wohnen oder Verkehr - müssten in das System des Emissionshandels
einbezogen werden, um die Aufgabe Klimaschutz gerechter zu verteilen.
"Wenn es jedoch beim Status quo bleibt, wird in der deutschen Chemie
die Einschränkung der Produktion vermutlich der einzige Weg sein, der
Minderungsvorgabe der EU nachzukommen." Der VCI-Präsident richtete
daher den Appell an die politische Führung Europas, sich mit aller
Kraft dafür einzusetzen, dass bei der Weltklimakonferenz 2015 in
Paris ein globales Abkommen mit vergleichbaren
Reduktionsanforderungen verabschiedet werde. "Nur wenn es gelingt,
auch international alle wichtigen Emittenten einzubeziehen, laufen
die Belastungen nicht gegen die Wettbewerbsfähigkeit Europas.
Scheitern die Verhandlungen in dieser Hinsicht, wird die anhaltende
De-Industrialisierung in Europa weiter voranschreiten - vor allem vor
dem Hintergrund der niedrigen Energiepreise in den USA."
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von mehr
als 1.650 deutschen Chemieunternehmen und deutschen
Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik,
Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den
Medien. Der VCI steht für mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie.
Die Branche setzte 2013 über 190 Milliarden Euro um und beschäftigte
rund 438.000 Mitarbeiter.
Alle Materialien zur Pressekonferenz finden Sie unter:
www.vci.de/presse Die einzelnen Infografiken stehen außerdem in
diversen Formaten zum Download bereit unter:
http://bit.ly/vci-infografiken
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