(ots) - Acht Menschen mit Behinderung haben Beschwerde beim
Bundesverfassungsgericht eingelegt, weil sie bei der Bundestagswahl
2013 nicht wählen durften. Zuvor war ihr Einspruch gegen die Wahl
durch den Bundestag abgelehnt worden. Die Beschwerdeführer wollen,
dass die Verfassungshüter die geltenden Wahlrechtsausschlüsse für
nichtig erklären und werden dabei von der Bundesvereinigung
Lebenshilfe und der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP)
unterstützt. Wählen darf nach einer Regelung des Bundeswahlgesetzes
nicht, für wen eine Betreuung in allen Angelegenheiten besteht.
Außerdem ist von der Wahl ausgeschlossen, wer sich im psychiatrischen
Maßregelvollzug befindet, weil er oder sie aufgrund einer Krankheit
oder Behinderung schuldunfähig ist und krankheitsbedingt weitere
Taten drohen. Der Verlust des Wahlrechts wegen angeblich fehlender
Kommunikationsfähigkeit ist jeweils die Folge. Nach Schätzung der
Bundesvereinigung Lebenshilfe sind davon in Deutschland rund 10.000
Menschen betroffen. Lebenshilfe und CBP halten die
Wahlrechtsausschlüsse für verfassungswidrig, weil sie gegen den
Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl aus Artikel 38 des Grundgesetzes
verstoßen. Danach wird jedem volljährigen deutschen Staatsangehörigen
das Recht auf Teilnahme an Wahlen garantiert.
"Natürlich können auch Menschen, die eine Betreuung in allen
Angelegenheiten haben, eine überlegte Wahlentscheidung treffen", so
die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Vizepräsidentin des
Deutschen Bundestages, Ulla Schmidt. "Wichtig ist, dass Menschen mit
geistiger Behinderung Informationen zur Wahl in leichter Sprache
erhalten und so bei der Ausübung ihres Wahlrechts unterstützt
werden."
Neben der Bundesvereinigung Lebenshilfe und anderen Verbänden
bieten die Zeitung "Das Parlament", die politischen Parteien, der
öffentlich-rechtliche Rundfunk und der Bundestag selbst solche
politische Informationen in leichter Sprache rund um die Wahlen an.
"Die geltenden Wahlrechtsausschlüsse sind daher veraltet und
diskriminierend. Sie stammen aus einer Zeit, als Gesellschaft und
Recht Menschen mit Behinderung nicht zutrauten, in allen
gesellschaftlichen Bereichen teilhaben zu können", betont Johannes
Magin, Vorsitzender des CBP.
Das Wahlrecht wird obendrein willkürlich entzogen: Die Betreuung
selbst und die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik stellen
die Wahlfähigkeit der Betreuten nicht infrage - zudem spielt die
Wahlfähigkeit bei der Bestellung der Betreuung und auch bei der
Unterbringungsentscheidung gar keine Rolle.
Weil beide Wahlrechtsausschlüsse Menschen mit Behinderung treffen,
verstoßen sie darüber hinaus gegen das Benachteiligungsverbot nach
Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes. Danach dürfen Menschen
nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt werden. Schließlich wird
durch die Wahlrechtsauschlüsse Artikel 29 der
UN-Behindertenrechtskonvention, der allen Menschen mit Behinderungen
das Wahlrecht garantiert, klar missachtet.
Pressekontakt:
E-Mail: bettina.leonhard(at)lebenshilfe.de
Telefon: 030/206411-136