Ethischer Anspruch und Kostendruck im Krankenhaus sind nur schwer miteinander vereinbar
hischer Anspruch und Kostendruck im Krankenhaus sind nur schwer miteinander vereinbar
Welche Auswirkungen haben die ökonomischen und strukturellen Bedingungen im Krankenhaus auf die Patientenversorgung? Wie lassen sich die wirtschaftlichen Vorgaben mit den ethischen Ansprüchen von Medizin und Pflege in Einklang bringen?
Über diese und weitere Fragen diskutierte der Deutsche Ethikrat mit Sachverständigen verschiedener Fachdisziplinen, Vertretern aus der medizinischen und pflegerischen Praxis und über 200 Gästen am vergangenen Mittwoch im Dresdener Hygiene-Museum.
Ziel der Veranstaltung war es, auf der Grundlage einer differenzierten Analyse Ethik und Ökonomie zusammenzubringen, um Lösungsperspektiven zu entwickeln, wie man unter den Bedingungen knapper finanzieller Ressourcen eine am Patienten orientierte gute medizinische, pflegerische und psychosoziale Versorgung sicherstellen kann. Denn, so die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Christiane Woopen, "der Patient ist Zweck der Gesundheitsversorgung, nicht Mittel zur Erlösmaximierung".
Über die ökonomischen und strukturellen Veränderungen des Krankenhauses seit den 1970er-Jahren berichtete Michael Simon von der Hochschule Hannover. Irmtraut Gürkan vom Universitätsklinikum Heidelberg analysierte die Probleme aus der Sicht des Ökonomen. In Kurzvorträgen wurden diese Probleme und ihre Folgen aus den Perspektiven der Ärzte, Pflegenden, Krankenhausträger und Patienten von Arved Weimann vom Klinikum St. Georg in Leipzig und Meike Friedrichs vom Universitätsklinikum Heidelberg, Magdalene Günther von den AWO-Gesundheitsdiensten Hannover sowie Carola Sraier von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland beleuchtet. Über die ethischen Herausforderungen im Krankenhausalltag reflektierten Giovanni Maio von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Nikola Biller-Andorno von der Universität Zürich.
Die abschließende Podiumsdiskussion war Lösungskonzepten für ein "gesundes" Krankenhaus vorbehalten. Ratsmitglied Eckhard Nagel diskutierte mit Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Andrea Lemke vom Evangelischen Waldkrankenhaus Berlin-Spandau, Klaus Lieb von der Universitätsmedizin Mainz, Georg Marckmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Mitglied des Deutschen Ethikrates, sowie dem Klinikmanager im Ruhestand Rüdiger Strehl.
Als zentrales Problem der Patientenversorgung im Krankenhaus wurde ein vorrangig an ökonomischen Effizienzgesichtspunkten ausgerichtetes Finanzierungssystem herausgearbeitet, bei dem das Patientenwohl und die Qualität der Versorgung zunehmend in den Hintergrund gerate. Es komme zu Unter- und Überversorgung. Arbeitsverdichtung, Prozessoptimierung und Outsourcing seien als Mittel zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven in vielen Krankenhäusern ausgeschöpft, ohne dass damit ihre Existenz gesichert werden könne. Die Arbeitsverdichtung und die Überformung medizinischen sowie pflegerischen Handelns durch wirtschaftliche Faktoren werde von vielen Krankenhausmitarbeitern internalisiert, und es werde als persönliches Versagen empfunden, Patienten nicht mehr so versorgen zu können, wie man es eigentlich fachlich für notwendig hält.
Es müsse ein qualitätsorientiertes, nachhaltiges Finanzierungssystem geschaffen werden, das ärztliche Entscheidungen, die sich am Patientenwohl orientieren, ermöglicht und nicht ökonomisch bestraft. Auf welche Weise dabei auch psychosoziale Größen und patientenberichtete Ergebnisse erfasst werden können, müsse noch erörtert werden. Anreize sollten im Sinne einer Beziehungsmedizin geschaffen und an konkrete Zielsetzungen gekoppelt werden. Ökonomie sowie ärztliche und pflegerische Kompetenz sollten in der Krankenhausleitung gleichberechtigt zusammenarbeiten. Einig waren sich die Teilnehmer schließlich darin, dass eine Rückkehr in alte Strukturen nicht möglich und auch nicht wünschenswert sei.
Auf jeden Fall aber müsse es eine Zone medizinischen Handelns geben, die von ökonomischen Zwängen freigehalten werde, so Ratsmitglied Thomas Heinemann zum Abschluss der Tagung. Das Krankenhaus solle sich auf seine historischen Wurzeln als soziale Einrichtung besinnen.
Der Deutsche Ethikrat wird beraten, auf welche Weise er das Thema der Tagung weiterentwickelt, und wird Empfehlungen erarbeiten.
Die Beiträge der Herbsttagung können in Kürze unter
http://www.ethikrat.org/veranstaltungen/weitere-veranstaltungen/vom-krankenhaus-zum-kranken-haus nachgehört und nachgelesen werden.
Deutscher Ethikrat
Jägerstrasse 22/23
10117 Berlin
Telefon: +49 +30 203 70-246
Telefax: +49 +30 203 70-252
URL:
http://www.ethikrat.org
(pressrelations) - h und Kostendruck im Krankenhaus sind nur schwer miteinander vereinbar
Welche Auswirkungen haben die ökonomischen und strukturellen Bedingungen im Krankenhaus auf die Patientenversorgung? Wie lassen sich die wirtschaftlichen Vorgaben mit den ethischen Ansprüchen von Medizin und Pflege in Einklang bringen?
Über diese und weitere Fragen diskutierte der Deutsche Ethikrat mit Sachverständigen verschiedener Fachdisziplinen, Vertretern aus der medizinischen und pflegerischen Praxis und über 200 Gästen am vergangenen Mittwoch im Dresdener Hygiene-Museum.
Ziel der Veranstaltung war es, auf der Grundlage einer differenzierten Analyse Ethik und Ökonomie zusammenzubringen, um Lösungsperspektiven zu entwickeln, wie man unter den Bedingungen knapper finanzieller Ressourcen eine am Patienten orientierte gute medizinische, pflegerische und psychosoziale Versorgung sicherstellen kann. Denn, so die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Christiane Woopen, "der Patient ist Zweck der Gesundheitsversorgung, nicht Mittel zur Erlösmaximierung".
Über die ökonomischen und strukturellen Veränderungen des Krankenhauses seit den 1970er-Jahren berichtete Michael Simon von der Hochschule Hannover. Irmtraut Gürkan vom Universitätsklinikum Heidelberg analysierte die Probleme aus der Sicht des Ökonomen. In Kurzvorträgen wurden diese Probleme und ihre Folgen aus den Perspektiven der Ärzte, Pflegenden, Krankenhausträger und Patienten von Arved Weimann vom Klinikum St. Georg in Leipzig und Meike Friedrichs vom Universitätsklinikum Heidelberg, Magdalene Günther von den AWO-Gesundheitsdiensten Hannover sowie Carola Sraier von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland beleuchtet. Über die ethischen Herausforderungen im Krankenhausalltag reflektierten Giovanni Maio von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Nikola Biller-Andorno von der Universität Zürich.
Die abschließende Podiumsdiskussion war Lösungskonzepten für ein "gesundes" Krankenhaus vorbehalten. Ratsmitglied Eckhard Nagel diskutierte mit Lutz Stroppe, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Andrea Lemke vom Evangelischen Waldkrankenhaus Berlin-Spandau, Klaus Lieb von der Universitätsmedizin Mainz, Georg Marckmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München, Elisabeth Steinhagen-Thiessen, Mitglied des Deutschen Ethikrates, sowie dem Klinikmanager im Ruhestand Rüdiger Strehl.
Als zentrales Problem der Patientenversorgung im Krankenhaus wurde ein vorrangig an ökonomischen Effizienzgesichtspunkten ausgerichtetes Finanzierungssystem herausgearbeitet, bei dem das Patientenwohl und die Qualität der Versorgung zunehmend in den Hintergrund gerate. Es komme zu Unter- und Überversorgung. Arbeitsverdichtung, Prozessoptimierung und Outsourcing seien als Mittel zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven in vielen Krankenhäusern ausgeschöpft, ohne dass damit ihre Existenz gesichert werden könne. Die Arbeitsverdichtung und die Überformung medizinischen sowie pflegerischen Handelns durch wirtschaftliche Faktoren werde von vielen Krankenhausmitarbeitern internalisiert, und es werde als persönliches Versagen empfunden, Patienten nicht mehr so versorgen zu können, wie man es eigentlich fachlich für notwendig hält.
Es müsse ein qualitätsorientiertes, nachhaltiges Finanzierungssystem geschaffen werden, das ärztliche Entscheidungen, die sich am Patientenwohl orientieren, ermöglicht und nicht ökonomisch bestraft. Auf welche Weise dabei auch psychosoziale Größen und patientenberichtete Ergebnisse erfasst werden können, müsse noch erörtert werden. Anreize sollten im Sinne einer Beziehungsmedizin geschaffen und an konkrete Zielsetzungen gekoppelt werden. Ökonomie sowie ärztliche und pflegerische Kompetenz sollten in der Krankenhausleitung gleichberechtigt zusammenarbeiten. Einig waren sich die Teilnehmer schließlich darin, dass eine Rückkehr in alte Strukturen nicht möglich und auch nicht wünschenswert sei.
Auf jeden Fall aber müsse es eine Zone medizinischen Handelns geben, die von ökonomischen Zwängen freigehalten werde, so Ratsmitglied Thomas Heinemann zum Abschluss der Tagung. Das Krankenhaus solle sich auf seine historischen Wurzeln als soziale Einrichtung besinnen.
Der Deutsche Ethikrat wird beraten, auf welche Weise er das Thema der Tagung weiterentwickelt, und wird Empfehlungen erarbeiten.
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Datum: 19.12.2014 - 16:06 Uhr
Sprache: Deutsch
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