(ots) - Wenige Wochen vor der Entscheidung der
EU-Kommission über den französischen Haushalt hat die Regierung in
Paris eine flexiblere Anwendung des EU-Stabilitätspakts gefordert.
Der Glaubwürdigkeit des Pakts nütze es nichts, wenn sich die
EU-Staaten "unrealistische Ziele" für den Defizitabbau setzen, sagte
Finanzminister Michel Sapin in einem Interview mit dem
Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 2/2015, EVT 22. Januar). "Ich
möchte aus dem Schema rauskommen, in dem wir unsere Defizitziele
verkünden und dann alle zwei Jahre kleinlaut einräumen müssen, dass
wir sie nicht schaffen. Das ist sehr unangenehm, das verletzt meinen
persönlichen Stolz und unseren Nationalstolz", fügte Sapin hinzu.
Die französische Regierung wird in diesem Jahr zum dritten Mal den
EU-Stabilitätspakt verletzen, weil sie das Staatsdefizit 2015 nicht
auf drei Prozent drückt. Bis März muss Paris der EU-Kommission Pläne
für weitergehende Reformen präsentieren und darlegen, wie es sein
Defizit senken will. Dann entscheidet die Kommission, ob sie das
laufende Defizitverfahren gegen Frankreich verschärft.
Im Interview mit 'Capital' betonte Sapin, seine Regierung
respektiere die "Grundregeln" des Stabilitätspaktes. Anders als
manche in Frankreich wisse er, dass die Drei-Prozent-Grenze "nicht
vom Himmel gefallen ist". In den Gesprächen mit der Kommission gehe
es darum, einen "neuen Pfad für den Defizitabbau bis 2017" zu
vereinbaren, der "wirklich leistbar" sei. Der "Rhythmus", mit dem
Staatsdefizite abgebaut werden, müsse "verlangsamt" werden - "nicht
nur für Frankreich, sondern für alle".
Der Finanzminister räumte ein, dass es zwischen Deutschland und
Frankreich fundamentale Unterschiede in der Analyse der Euro-Krise
gebe. "Unsere Beurteilungen sind traditionell entgegengesetzt. Und
trotzdem kommen wir am Ende immer zu einer gemeinsamen Haltung",
sagte Sapin gegenüber 'Capital'. Selbst seit dem Eintritt der SPD in
die Bundesregierung im Jahr 2013 stelle er bei den deutschen
Ansprüchen an die Pariser Haushaltspolitik "keinen Unterschied" fest,
sagte der französische Sozialdemokrat.
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