(ots) - Die Wähler in Griechenland haben Europa mal wieder
auf eine harte Probe gestellt. Unabhängig davon, ob es den Führern
der linken Partei Syriza gelingen wird, ihre radikale Rolle rückwärts
in die Tat umzusetzen, ist der Schaden für die Stabilität der
Europäischen Union groß. Das hat schon das Zittern, Zaudern und
Zetern der führenden Politiker Europas in den Wochen vor der Wahl
gezeigt. Das Drohen mit einem Ausschluss Griechenlands aus dem Euro
war da ebenso zu hören wie beschwichtigende Töne, um die griechischen
Wähler nicht weiter in die Arme der Populisten zu treiben, die am
liebsten alle Reformen der vergangenen Jahre einfach rückgängig
machen würden. Das alles erinnert fatal an die Eiertänze vergangener
Jahre, wenn etwa in Irland die Wähler über die Reform der
Europäischen Union abstimmen sollten. Eine klare Strategie zur
Entwicklung der europäischen Gemeinschaft ist weit und breit nicht zu
erkennen. Stattdessen herrscht bei der Bewältigung der Eurokrise ein
stetes Reagieren auf den Augenblick. Weitsicht sucht man vergebens.
Das ist wohlgemerkt kein ausschließliches Problem der "Randeuropäer".
Deutschlands Politiker müssten ähnlich zittern, wenn hierzulande eine
Bürgerbeteiligung zu europapolitischen Entscheidungen möglich wäre.
Spätestens dann wäre die Berliner Politik gefordert, ihre
Europapolitik oder ihre Vorstellungen davon, was die Europäischen
Union heute ist und morgen werden soll, auf den Tisch zu legen. Viel
könnten sie dort nicht ablegen. Denn genau daran fehlt es in der
Europapolitik seit Jahren. Was nach dem Zweiten Weltkrieg als großes
Projekt mit glühenden Verfechtern gerade in Frankreich und
Deutschland begann, ist heute zum administrativen Akt verkommen. Was
ist Europa? Was bindet Deutsche, Franzosen, Polen und vielleicht
einmal Türken zusammen? Welche Werte teilt Europa? Wie sieht eine
Wirtschaftspolitik für einen einheitlichen Währungsraum des Euro aus?
Wie viel einheitliche Lebensverhältnisse wollen wir in London, Berlin
und Athen? All das sind strategische Fragen, denen sich Europa
endlich stellen muss - unabhängig davon, ob die griechische
Regierungsbildung in den kommenden Tagen nun mit einem Blauen Auge
oder dem großen Crash endet.
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