(ots) - Anlässlich der Geberkonferenz der globalen
Impfallianz Gavi fordern die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen
und Oxfam die Bundesregierung und die teilnehmenden Staaten auf,
gegen die Pharmabranche niedrigere Impfstoffpreise durchzusetzen.
"Um möglichst viele Kinder weltweit zu schützen, müssen die in
Berlin zugesagten Beiträge effizient eingesetzt werden. Derzeit haben
aber Firmen durch die Intransparenz auf dem Impfstoffmarkt die
Möglichkeit, überteuerte Preise zu verlangen. Auch deshalb können
nach wie vor nicht alle Kinder geimpft werden", erklärt Philipp
Frisch von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. "Wir
fordern die Schirmherrin der Konferenz Angela Merkel daher auf,
zusammen mit den anderen Geberländern Druck auf die Pharmaunternehmen
auszuüben, die Preise deutlich zu senken. Anstatt die von den
Unternehmen verlangten Preise hinzunehmen, müssen als erster Schritt
unabhängige Untersuchungen über die tatsächlichen Produktionskosten
durchgeführt werden."
Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen demonstrieren zum Auftakt der
Geberkonferenz am Berliner Alexanderplatz. Ein großes Glücksrad, bei
dem immer die Pharmaindustrie gewinnt, symbolisiert die
undurchsichtige Preisfindung zwischen der Impfallianz Gavi und den
Herstellerfirmen.
"Auch Gavi ist in der Pflicht, wichtige Reformen auf den Weg zu
bringen, um mehr Kinder mit lebenswichtigen Impfstoffen zu erreichen.
Insbesondere fordern wir eine Stärkung von Gesundheitssystemen in
Ländern, die von Gavi Unterstützung erhalten, sowie weniger Einfluss
der Pharmaindustrie in den Entscheidungsgremien der Impfallianz",
sagt Jörn Kaliniski, Kampagnendirektor bei Oxfam in Deutschland.
Die globale Impfallianz Gavi ist eine öffentlich-private
Partnerschaft aus den Regierungen von Industrie- und
Entwicklungsländern, internationalen Organisationen,
Impfstoffherstellern und einigen Nichtregierungsorganisationen. Bei
der Geberkonferenz sollen 7,5 Milliarden US-Dollar Beiträge für die
Jahre 2016 bis 2020 eingesammelt werden. "Falls sich an den Preisen
nichts ändert, würde mehr als ein Drittel dieser Summe für einen
einzigen Impfstoff ausgegeben werden - für den teuren
Pneumokokken-Impfstoff gegen Lungenentzündung", erklärt Dr. Jennifer
Cohn, medizinische Direktorin der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne
Grenzen.
Ärzte ohne Grenzen fordert insbesondere Preissenkungen für den
Pneumokokken-Impfstoff. An der von diesen Bakterien ausgelösten
Lungenentzündung sterben jährlich etwa eine Million Kinder weltweit,
die nicht geimpft wurden. Damit ist sie eine Hauptursache für
Kindersterblichkeit. Seit der Markteinführung haben die beiden
Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK) und Pfizer mit ihren beiden
Pneumokokken-Impfstoffen mehr als 19 Milliarden US-Dollar Umsatz
erzielt. Bislang erhalten sie nach den von Gavi verhandelten Preisen
etwa 10 US-Dollar für die drei nötigen Impfdosen - und teilweise
weitere 10 US-Dollar an Subventionen. Die Ankündigung des indischen
Herstellers Serum Institute, in den nächsten Jahren einen
Pneumokokken-Impfstoff für sechs US-Dollar auf den Markt zu bringen,
zeigt jedoch, dass deutliche Preissenkungen möglich sind. Ärzte ohne
Grenzen fordert einen Preis von fünf US-Dollar pro geimpftem Kind.
Pfizer hat am Montag angekündigt, den Preis seines
Pneumokokken-Impfstoffs um 0,60 US-Dollar pro Immunisierung zu
senken. Jedoch ist der Preis damit nach wie vor für ärmere Länder
deutlich zu hoch.
Ärzte ohne Grenzen impft jedes Jahr Millionen von Kindern. Im Jahr
2013 wurden mehr als 6 Millionen Impfstoffdosen in die Projekte
geliefert. Impfkampagnen finden meist statt, um Ausbrüche von Masern,
Meningitis, Gelbfieber und Cholera einzudämmen. Die Organisation
unterstützt aber auch Routineimpfungen in Projekten zu Mütter- und
Kindergesundheit. Ärzte ohne Grenzen plant, die Impfaktivitäten
auszuweiten.
Kurz vor der Konferenz hat die Organisation die zweite Ausgabe des
Impfstoff-Berichts "The Right Shot" veröffentlicht. Der Bericht
zeigt, dass die Kosten für die von der WHO empfohlenen Impfungen seit
2001 wegen teurer neuer Impfstoffe explodiert sind. Ein Kind
vollständig zu immunisieren, ist heute 68-mal teurer.
Der Bericht "The Right Shot" steht hier zum Download bereit:
http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/the-right-shot-report
Pressekontakt:
Stefan Dold; stefan.dold(at)berlin.msf.org, 030/700130-239;
0163/2058267;
www.aerzte-ohne-grenzen.de
Interviews sind möglich mit Tankred Stöbe, Vorstandsvorsitzender von
Ärzte ohne Grenzen, und Philipp Frisch, Leiter der
Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen Deutschland. Beide sind
vor Ort auf der Konferenz.