Allg. Zeitung Mainz: Gruselige Szenerie / Kommentar zu Edathy-Ausschuss/Hartmann
(ots) - Es ist zehn Sekunden vor Zwölf für Michael Hartmann.
Im Dezember hatte er erklärt, er habe Edathy nicht vor einer
Strafverfolgung gewarnt. Edathy sagte das glatte Gegenteil. Und
Edathys Glaubwürdigkeit steht tief im Kurs, wegen der
Kinderporno-Vorwürfe, deretwegen er demnächst vor einem Strafgericht
erscheinen muss. Aber nun gibt es Zeugen, die Edathys Version zwar
nicht beweisen, aber doch stützen. Vor allem gibt es den
rheinland-pfälzischen LKA-Chef Hertinger, der bekundet, Hartmann habe
ihn mehrfach nach Kinderporno-Ermittlungen gefragt. Auch das ist
natürlich noch kein Beweis; aber eine solche Aussage eines solchen
Zeugen wiegt sehr schwer. Politisch und im Urteil der Bürger ist
diese Szenerie schon jetzt eine ziemliche Katastrophe. Untrennbar
verknüpft mit der Frage, was Hartmann getan hat oder nicht, ist nicht
zuletzt die Frage nach der Glaubwürdigkeit des früheren BKA-Chefs
Ziercke und der SPD-Spitze. Falls Edathy die Wahrheit gesagt hat,
muss Michael Hartmann reinen Tisch machen, und zwar schnell, um
weitere Katastrophen zu verhindern. Am kommenden Donnerstag, so die
bisherige Planung, soll der Mainzer Abgeordnete erneut vor dem
Ausschuss Rede und Antwort stehen. Falls es dabei bleibt, muss er bei
seiner Aussage viele auch in der eigenen Partei, die mittlerweile
zweifeln, überzeugen. Misslingt ihm dies, ist eine
Mandatsniederlegung unausweichlich. Während der - juristisch
letztlich folgenlosen - Ermittlungen wegen Drogenbesitzes stand vor
allem der rheinland-pfälzische Landesverband deutlich hinter
Hartmann. Die Leidensfähigkeit einer Partei lässt jedoch rapide nach,
wenn sie in einem Wahlkampf, wie er 2016 in Rheinland-Pfalz ansteht,
selbst um ihre Zukunft besorgt sein muss.
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Datum: 29.01.2015 - 19:15 Uhr
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