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Mittelbayerische Zeitung: Obama muss sich stärker engagieren - Die USA haben an Angela Merkel zu hohe Erwartungen. Die Kanzlerin sollte darauf reagieren. Von Thomas Spang

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(ots) - Auf die deutsche Bundeskanzlerin wartet heute
ein schwerer Besuch im Weiße Haus. Merkel lehnt Waffenlieferungen an
die Ukraine ab und setzt auf weitere Verhandlungen. Den Amerikanern
geht dafür die Geduld aus. Die Münchener Sicherheitskonferenz hat die
Uneinigkeit des Westens über das weitere Vorgehen im Ukraine-Konflikt
offen zu Tage treten lassen. Präsident Obama hat bisher größten Wert
darauf gelegt, mit Europa an einem Strang zu ziehen. Deshalb bremste
er in den USA Kräfte, die schon lange für einen robusteren Kurs
gegenüber Moskau werben. In den USA erntete er dafür die Kritik, die
Führungsverantwortung delegiert zu haben. Tatsächlich überließ er das
deutschen Bundeskanzlerin Tempo und Rhythmus der Krisen-Diplomatie zu
bestimmen. Dass transatlantischen Partner erkennbar außer Tritt
geraten sind, offenbart das ganze Dilemma einer Arbeitsteilung, die
überfordert. Merkel und die Deutschen fühlen sich sichtbar unwohl,
von Obama in eine internationale Führungsrolle gedrängt zu werden.
Die Kanzlerin muss bei ihrem Besuch in Washington vor allem eines
versuchen: Erwartungsdiät zu betreiben. Merkel weiß, dass sie im
Konflikt um den Osten der Ukraine nicht viel mehr als die Rolle einer
Vermittlerin übernehmen kann. Aufgrund ihrer russischen
Sprachkenntnisse ist sie geradewegs prädestiniert, als Emissärin des
Westens zu versuchen, Vladimir Putin zur Vernunft zu bringen. Deshalb
werden ihre Erkenntnisse aus den Gesprächen in Moskau mit Spannung im
Weißen Haus erwartet. Nur lösen kann Merkel das Problem für Obama
nicht. Europa fehlt der sicherheitspolitische Unterbau, eine
Gesamtstrategie für den Umgang mit den neuen Herausforderungen durch
die neo-russische Sammlungspolitik zu entwickeln. Den zuletzt mehr
mit sich selbst beschäftigten Amerikanern fällt ihrerseits nicht viel
anderes ein, als Waffen an die Ukraine zu liefern. Dafür mag es gute




Gründe geben. Doch allein ist das nicht genug, eine Antwort auf einen
Territorial-Konflikt des vergangenen Jahrhunderts zu finden, der in
Europa nach dem zweiten Weltkrieg eigentlich nicht mehr möglich
schien. Nicht minder fantasielos erweist sich die US-Außenpolitik bei
der Antwort auf die Bedrohung, die von den nicht-staatlichen Akteuren
der IS ausgeht. Die Anschläge von Paris sollten als Weckruf
verstanden werden, der noch einmal die Sensibilität für die Gefahren
durch asymmetrische Kriegsführung schärft. Mit Luftschlägen allein
wird sich das Problem jedenfalls nicht aus der Welt schaffen lassen.
Bisher stehen die transatlantischen Partner einigermaßen ratlos vor
einer geopolitischen Doppelkrise, für die es weder in den USA noch in
Europa ein Vorbild gibt. Die Supermacht steht dabei in der Pflicht,
die Führung zu übernehmen statt sie zu delegieren. Das gilt für den
Konflikt mit Russland um die Verletzung der territorialen Integrität
eines souveränen Staates in Europa, aber auch für die Formulierung
einer Gegenstrategie zu dem Terror nihilistischer Gotteskrieger im
Mittleren Osten. Die von Obama gewünschte und den Europäern in der
Vergangenheit so oft verlangte transatlantische Arbeitsteilung muss
realistisch bleiben. Die Gespräche im Weißen Haus geben Merkel
Gelegenheit, den Präsidenten zu einer aktiveren Rolle in der
Doppelkrise zu bewegen.



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Datum: 08.02.2015 - 20:53 Uhr
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