(ots) - Vertrauliche Unterlagen zeigen, wie das
Geldinstitut HSBC in Genf mit Steuerhinterziehern und anderen
Kriminellen Geschäfte machte. Prominente aus aller Welt hatten dort
Konten.
Kriminelle, Waffenhändler und korrupte Politiker etlicher Länder
haben bei einer Schweizer Tochter der Großbank HSBC Milliardenbeträge
angelegt - viel davon offenbar als Schwarzgeld. Das geht aus
Tausenden vertraulichen Dokumenten hervor, die Süddeutsche Zeitung,
NDR und WDR einsehen konnten. Auf den darin aufgeführten Konten von
Kunden der Genfer Niederlassung der Hongkong and Shanghai Banking
Corporation (HSBC) lagerten 2007 mehr als 75 Milliarden Euro.
Die Unterlagen liegen seit einiger Zeit auch Finanzbehörden in
mindestens zwölf Ländern vor, unter ihnen Deutschland. Insgesamt
haben Ermittler weltweit damit bereits mehr als eine Milliarde Euro
Steuern und Strafen eingetrieben. Es ist das bisher größte Datenleck
in der Bankenbranche, das von Ermittlern und Journalisten ausgewertet
wurde. Betroffen ist die Schweizer Tochtergesellschaft HSBC Private
Bank. Mehr als 100.000 Personen aus mehr als 200 Ländern und
Territorien sind in den Daten zu finden.
Die HSBC ist die zweitgrößte Bank der Welt gemessen an der
Bilanzsumme. In den Schweizer Daten finden sich Verwandte und
Regierungsmitglieder von Autokraten wie Ägyptens Hosni Mubarak und
Syriens Präsident Baschar Al-Assad. Außerdem tauchen Verbindungen zu
Blutdiamantenhändlern, Waffenverkäufern und Terrorfinanzierern auf.
Die HSBC erkennt das Fehlverhalten der Schweizer Filiale an. "Wir
sind verantwortlich für das Kontrollversagen in der Vergangenheit",
teilt das Institut mit. Die Tochtergesellschaft HSBC Private Bank
hätte "zu viele Hochrisiko-Konten" behalten. Die Bank verweist
darauf, dass sie sich mittlerweile von allen steuerlich
problematischen Kunden getrennt habe.
Französische Fahnder hatten 2009 bei einem ehemaligen Mitarbeiter
der HSBC Private Bank, Hervé Falciani, die Dokumente beschlagnahmt.
Von rund 3000 ausgewerteten französischen Konten waren nur sechs den
Finanzämtern gemeldet. Ausländische Steuerfahnder haben von
Frankreich Unterlagen bekommen, um in ihren Ländern zu ermitteln.
Auch Deutschland hat im Jahr 2010 Daten erhalten. Das
Bundeszentralamt für Steuern verteilte diese an die Bundesländer.
Was dabei herauskam, in welcher Höhe hinterzogene Steuern
zurückgeholt werden konnten, bleibt jedoch anders als in anderen
europäischen Ländern unklar. Das Bundesfinanzministerium erklärt dazu
auf Anfrage: "Die erhaltenen Daten wurden unverzüglich an die örtlich
und sachlich zuständigen Finanzbehörden der Länder zur Auswertung
weitergeleitet. Erkenntnisse über die Verfahrenserledigungen liegen
nicht vor."
Die HSBC-Dokumente der französischen Steuerfahndung gelangten auch
in den Besitz der Zeitung "Le Monde". Sie übergab die Daten an das
Internationale Konsortium für investigative Journalisten (ICIJ) in
Washington, das es Dutzenden Partnermedien weltweit zur Verfügung
stellte. Mehr als 140 Journalisten aus 45 Ländern werteten die
Dokumente in einer monatelangen Recherche aus. In Deutschland waren
die "Süddeutsche Zeitung", der NDR und der WDR beteiligt.
Gegen Falciani hat die Schweizer Staatsanwaltschaft vor Kurzem
Anklage erhoben. Der Tatvorwurf lautet "wirtschaftlicher
Nachrichtendienst, unbefugte Datenbeschaffung und
Bankgeheimnisverletzung". Falciani habe die gestohlenen Daten
ausländischen Banken und Behörden angeboten, so die Schweizer
Ermittler. Der Informatiker lebt heute unter Polizeischutz an einem
unbekannten Ort in Frankreich.
Weitere Informationen im Internet unter www.ndr.de/swissleaks.
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