(ots) - Der Minsker Friedensgipfel hat mehrere Ergebnisse
gebracht. Ein echter Frieden ist noch nicht darunter. Sondern nur ein
Waffenstillstand, von dem ungewiss ist, ob er tatsächlich eintritt.
Wenn ja, dann ist eines der weiteren Ergebnisse, dass Putin nach
Transnistrien und Südossetien mit der halbautonomen Ostukraine nun
ein weiteres Gebiet gewonnen hat, das dauerhaft unter seinem Einfluss
steht. Damit kann er die Staaten in seiner Peripherie destabilisieren
und ihre Annäherung an die Nato verhindern. Moskau schafft sich fast
25Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine
Pufferzone. Dahinter steht freilich weder ökonomische Macht noch wie
bei der Nato-Osterweitung, die immer wieder als Scheinbegründung für
diese Verletzung des Völkerrechts herhalten muss, der freie Wille der
Völker. Sondern die Knute der militärischen Bedrohung, die sich
feigerweise noch nicht einmal offen zu erkennen gibt. Diese russische
Pufferzone im Donbass ist der Preis für eine noch vage Aussicht auf
einen Waffenstillstand. Putin kann zufrieden sein. Aber dieser Preis
musste gezahlt werden, um wenigstens eine Chance zu haben, das
unerträgliche Leid der Bevölkerung zu lindern. Auch wenn
zynischerweise das Sterben noch bis Sonntagmorgen weitergehen darf.
Vor allem ist die Gefahr einer direkten Konfrontation der atomaren
Supermächte Russland und USA für den Moment abgewendet. Und zweitens:
Wenn dieser Waffenstillstand tatsächlich hält, wenn auch die
Folgevereinbarungen umgesetzt werden, dann ist der Konflikt um die
Ostukraine zwar nicht gelöst, aber er ruht vorläufig. Das gibt der
Rest-Ukraine die Möglichkeit, sich wirtschaftlich und politisch zu
stabilisieren. Sie wird dazu massive Hilfe des Westens brauchen. Im
Baltikum gibt es auch russische Minderheiten. Die Angst wird nun
wachsen, dass dort von Moskau ähnliche Entwicklungen provoziert
werden könnten. Und Weißrussland steht früher oder später vor der
gleichen Auseinandersetzung wie die Ukraine, spätestens wenn Diktator
Lukaschenko abtritt. Dann wird auch dort die Demokratiebewegung einen
neuen Anlauf für freie Wahlen unternehmen. Dann geht es auch dort
los. Der grundsätzliche Konflikt mit Russland ist also nicht beendet.
Es ist aus vielen Gründen noch viel zu früh, nach einem
Friedensnobelpreis für Angela Merkel zu rufen, der die Führungsrolle
bei dieser Vermittlungsmission zukam. Oder für François Hollande,
dessen wesentliche Rolle es war, die Geschlossenheit der EU zu
symbolisieren. Aber wenn das Minsker Abkommen hält, hätten beide
Staatslenker den Preis verdient. Eigentlich auch Frank-Walter
Steinmeier, der unermüdlich gedrängt hat, den Weg der Diplomatie
nicht zu verlassen. Steinmeier hat vor einem Jahr nach einem ähnlich
mutigen Einsatz während der Kiewer Revolutionswirren jedoch schon
einmal erleben müssen, dass Vertragstexte mitunter schneller überholt
sind, als die Tinte trocken ist. Noch also ist der Ausgang ungewiss.
Eins aber lässt sich jetzt schon sagen: Mit Merkel und Steinmeier
wird Deutschland außenpolitisch von einem so weitsichtigen Gespann
durch diese gefährlichen Zeiten geführt, wie es das seit den
Brandt/Bahr- und Kohl/Genscher-Zeiten nicht mehr gegeben hat. Die
Kanzlerin und ihr Außenminister haben alles, aber auch alles
versucht, um den Frieden zu retten. Hut ab.
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