(ots) - Manche politische Auseinandersetzung ist mit
gesundem Menschenverstand nicht erklärbar. Der Streit um ein
Einwanderungsgesetz für Deutschland gehört dazu. Dass man die
Notwendigkeit eines solchen Gesetzes ernsthaft in Zweifel zieht, hat
viel mit Ideologie und wenig mit der Realität zu tun. Zu den Fakten:
Seit vielen Jahren warnen Unternehmer, Politiker und Wissenschaftler
zu Recht vor den fatalen Auswirkungen eines Fachkräftemangels in
Deutschland. Die Zahlen zur demografischen Entwicklung liegen lange
auf dem Tisch: Die Bundesrepublik braucht nach Expertenschätzungen
eine Zuwanderung von mindestens 200000 Fachkräften pro Jahr.
Andernfalls fehlen schon in zehn Jahren rund 6,5 Millionen
qualifizierte Arbeitskräfte, bis 2050 wären es etwa 15 Millionen. Die
negativen Konsequenzen für die Wirtschaft, für die sozialen
Sicherungssysteme und damit für den Wohlstand des Landes sind
unbestritten. Daher ist eine breite gesellschaftliche Debatte über
die notwendige Zuwanderung überfällig - ebenso wie die dringende
parteipolitische Willensbildung darüber, wie Zuwanderung künftig
geregelt und gesteuert wird. Denn der Zuzug von EU-Bürgern über die
Gesetze zur Freizügigkeit wird bei Weitem nicht reichen. Von dem
Zuwanderungsgesetz muss ein klares Signal ausgehen, dass
qualifizierte Zuwanderer dauerhaft willkommen sind. Und dass mit
Zuwanderung auch Erwartungen verknüpft sind. SPD-Fraktionschef
Oppermann ist mit seinem Positionspapier in Vorleistung gegangen. Es
beinhaltet das Punkte-System nach kanadischem Vorbild, in dem
Einwanderungswillige nach Kriterien wie Ausbildung, Beruf oder Alter
gelistet werden. Ob solche Bewertungskriterien zu weit gehen, ob es
vielleicht bessere Vorschläge gibt, muss die politische Debatte
zeigen, die jetzt hoffentlich in Gang kommt. Entscheidend ist, dass
am Ende eine Willkommenskultur steht, die gestützt wird durch ein
pragmatisches und transparentes Einwanderungsgesetz - in dem
natürlich auch im Ausland abgeschlossene Ausbildungen oder sonstige
Qualifikationen anerkannt werden. Dass dies trotz vorhandener Gesetze
auch heute noch nicht geschieht, macht deutlich, wie fahrlässig
Deutschland mit der Zuwanderung umgeht.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de