(ots) - Maßnahmen für mehr Transparenz bei der Vertretung
von Interessen gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Erarbeitet im
Beschwerdeausschuss Politik des Deutschen Rates für Public Relations
unter Vorsitz von Axel Wallrabenstein und einstimmig auf der DRPR
Ratssitzung am 27.02.2015 in Düsseldorf beschlossen.
Der Deutsche Rat für Public Relations begrüßt, dass die
öffentliche Debatte um mehr Transparenz bei der Vertretung von
Interessen in den zurückliegenden Monaten wieder Fahrt aufgenommen
hat. Die repräsentative Demokratie lebt vom Prozess der
Interessenvertretung und Interessenabwägung. Interessenvertretung ist
legitim und innerhalb unseres demokratischen Systems unverzichtbar
für die Willensbildung sowie ein Wesensmerkmal pluralistischer
Demokratien. Gleichwohl existiert in Teilen der Öffentlichkeit ein
weit verbreitetes Unbehagen, denn mit dem Lobbyismusbegriff
assoziieren viele Menschen intransparente Aushandlungsprozesse mit
dem Ziel einer vermeintlich illegitimen Einflussnahme auf politische
Entscheidungen zugunsten partikularer Interessen. Dieser Eindruck ist
nicht nur dazu geeignet, an der Glaubwürdigkeit von Politik zu nagen,
sondern kann auch die Legitimation parlamentarischer Willensbildungs-
und Entscheidungsprozesse nachhaltig schädigen. Das Vertrauen in die
Legitimität staatlicher Entscheidungen setzt Transparenz voraus, doch
vollzieht sich das Miteinander von Staat, Zivilgesellschaft und
privatem Sektor bislang vornehmlich im Dunkeln. Es gilt darum, die
öffentliche Transparenz dieses Miteinanders wirksam zu steigern, denn
die demokratische Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf.
Zugleich betont der Rat, dass politische Prozesse zuweilen
legitimerweise geschützte Räume beanspruchen können in denen
Transparenz verweigert werden kann und muss. Datenschutz, geheime
Wahlen, Zeugnisverweigerungsrecht, Schweigepflicht oder
Sicherheitsgebote sind nur einige Beispiele. Auch das Aushandeln
eines sachlich tragfähigen Lösungsvorschlags kann erfordern, zunächst
nur einen kleinen Kreis von Personen einzubinden, bevor ein Konzept
der Öffentlichkeit zur weiteren Diskussion präsentiert wird. Im
wirtschaftlichen Wettbewerb ist Geheimhaltung in einem gewissen
Rahmen ebenfalls als notwendig anerkannt.
Das Spannungsverhältnis zwischen legitimer Interessenartikulation
und illegitimer Einflussnahme erstreckt sich auf alle Aspekte des
Miteinanders von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft - und kann in
einer freiheitlichen Gesellschaft gesetzlich nicht in allen Details
normiert werden. Gleichwohl kann ein Regelungsrahmen aus gesetzlichen
Regelungen sowie untergesetzlichen Maßnahmen und Anreizen zur
Selbstregulierung dazu beitragen, die Transparenz dieses Miteinanders
effektiv zu erhöhen. Diese Maßnahmen werden den kontinuierlichen
Strom von Informationsaustausch und legitimer, grundgesetzlich
geschützter Kommunikation im politischen Raum nicht regulieren
können. Bewusste Versuche, diese Regeln in unlauterer Absicht zu
unterlaufen, werden ebenfalls nicht unterbunden werden können. Aber
eine grundlegend verbesserte Transparenz der Strukturen, die hinter
der Vertretung unterschiedlicher Interessen stehen, kann nicht nur
mögliche Interessenkonflikte im Miteinander staatlicher, privater und
zivilgesellschaftlicher Akteure aufzeigen und ihnen entgegenwirken,
sondern auch dazu beitragen, das Vertrauen der Menschen in das
Zustandekommen von demokratisch legitimierter Politik zu stärken.
Ziel und zentraler Gegenstand einer verbesserten Transparenz ist
die Offenlegung der finanziellen wie organisatorischen
Rahmenbedingungen der Interessenvertretung durch ein gesetzlich
verpflichtendes und sanktionsbewehrtes Lobbyregister. Dieses sollte
die Definition von Interessenvertretung gegenüber Parlament und
Regierung mit zeitlichen oder finanziellen Schwellenwerten verknüpfen
und Vorgaben zur Offenlegung klar definieren. Bei Eintragung in das
Register muss offengelegt werden, welche Interessen hinter den
jeweiligen Organisationen stehen und sie finanzieren.
Zur detaillierten Ausgestaltung eines Lobbyregisters verweist der
Deutsche Rat für Public Relations auf bereits ausgearbeitete
Vorschläge und Stellungnahmen unserer Trägerverbände de'ge'pol (2009)
und DPRG (2008). Entscheidende Merkmale, um das Register zu einem
effektiven Instrument zu machen, sind aus Sicht des Rates:
- Verpflichtung, nicht Freiwilligkeit
- keine Ausnahmen, außer bei Geringfügigkeit
- klare Vorgaben zum Umfang der Offenlegungsverpflichtungen
- Anerkennung einschlägiger Verhaltenskodizes.
Im Einzelnen:
Die Erfahrung zeigt, dass freiwillige Register ihren Zweck nicht
erfüllen. Eine klare gesetzliche Verpflichtung ohne ungerechtfertigte
Ausnahmetatbestände, aber dafür klaren Vorgaben hinsichtlich der
Offenlegungsverpflichtung ist daher wichtig, um die Umgehung einer
Registrierung zu vermeiden und einheitliche Bedingungen für alle zu
schaffen.
So sollte etwa die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung
nicht zur Umgehung einer Offenlegungsverpflichtung genutzt werden
können. Die Verschwiegenheit von Rechtsanwälten dient als zentrales
rechtsstaatliches Schutzgut einer auf rechtsstaatlichen Prinzipien
begründeten Rechtspflege und kann nicht dafür missbraucht werden,
eine Transparenzverpflichtung auszuhebeln, die ihre
gemeinwohlorientierte Begründung in dem Interesse an der Transparenz
demokratischer Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse findet.
Anwälte können sich selbstverständlich bei der Vertretung von
Interessen engagieren, sollten sich dann aber ebenfalls registrieren
müssen. Auch das Handlungsfeld einer Organisation kann unter
pluralistischen Erwägungen nicht als Differenzierungsmerkmal gelten,
das einen Ausnahmetatbestand rechtfertigt: So sind Organisationen,
deren wesentliches Ziel der Kontakt und der Informationsaustausch mit
politischen Entscheidern und Anspruchsgruppen ist, auch dann als
Interessenvertretung im Sinne eines Lobbyregisters anzusehen, wenn
sie sich z.B. weltanschaulichen, religiösen,
sozialpartnerschaftlichen, oder umweltschutzbezogenen Zwecken
verpflichtet fühlen.
Eine anreizgestützte, aber grundsätzlich freiwillige
Verhaltensrichtlinie, wie er von Trägerverbänden des DRPR in
unterschiedlicher Form bereits heute bereitgehalten wird, kann
Interessenvertretern Regeln für die Wahrnehmung ihrer Tätigkeit in
Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Offenheit, Transparenz,
Ehrlichkeit und Integrität vorgeben. Im verpflichtenden Lobbyregister
ist die freiwillige Annahme oder Nicht-Annahme einer solchen
Verhaltensrichtlinie öffentlich einsehbar zu vermerken, so dass ein
starker Anreiz zur Annahme dieser Verhaltensrichtlinie besteht.
Zugleich unterwirft man sich bei Annahme der Verhaltensrichtlinie der
Kontrolle und Sanktionierung durch berufsständische Organe der
Selbstverwaltung.
Pressekontakt:
Axel Wallrabenstein
Chairman MSL Germany und
Vorsitzender des Beschwerdeausschusses Politik
des Deutschen Rates für Public Relations
axel.wallrabenstein(at)mslgroup.com
Prof. (em.) Dr. Günter Bentele
Vorsitzender des Deutschen Rates für Public Relations
c/o Prof. Dr. Günter Bentele
Institut für KMW, Universität Leipzig
Postfach 100920
04009 Leipzig
Tel. 0341-9735 751
Fax 0341-9735 749
E-Mail: bentele(at)uni-leipzig.de
getragen von DPRG GPRA BDP de'ge'pol
Trägerverein des Deutschen Rates für Public Relations e.V.
Oberwallstraße 24
10117 Berlin
Vorsitzender Dr. Jörg Schillinger
Stellv. Prof. Dr. Alexander Güttler
Vereinsregister Berlin VR 31817 B