Eine Behinderung eines Arbeitnehmers kann auch in starkem Übergewicht begründet sein - Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 18.12.2014, C-354/13
(firmenpresse) - Bei der Entscheidung des EuGH geht es um ein Vorabentscheidungsersuchen eines dänischen Gerichts gemäß Art. 267 AEUV, das über einen Rechtsstreit zwischen der Stadt Billund und ihre Arbeitnehmer Herrn Kaltoft zu entscheiden hatte. Dieser war über 15 Jahre als Tagesvater mit der Betreuung von Kindern in seinem eigenen Heim beschäftigt und wurde sodann wegen sinkender Nachfrage entlassen. Während seiner gesamten Tätigkeit war Herr Kaltoft fettleibig, die Stadt finanzierte ihm sogar Sportkurse o.ä., die jedoch nicht zu einer dauerhaften Gewichtsreduzierung führten. Er wurde danach noch mehrfach von seinen Vorgesetzten auf sein Gewicht angesprochen. Herr Kaltoft vermutete, dass seine Adipositas der Grund war, dass er und nicht andere Tagesväter oder -mütter gekündigt wurden, und verlangte Schadenersatz wegen Diskriminierung. Das angerufene dänische Gericht legte dem EuGH verschiedenen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor.
Das Urteil mit der Behinderung
Der EuGH entschied, dass eine Diskriminierung wegen Fettleibigkeit aus Sicht des EG-Rechts nicht generell verboten sei. Diese sei in der Richtlinie 78/2000 nicht als Diskriminierungsgrund aufgeführt. Die dort genannten Gründe seien abschließend. Auch könne den Fallakten nicht entnommen werden, dass die Adipositas der Grund für die Entlassung war, vielmehr war dies die gesunkene Nachfrage nach Tagesvätern bzw. -müttern.
Allerdings könnte die Fettleibigkeit eine Behinderung im Sinne der vorgenannten Richtlinie sein. Diese werde definiert als physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen von langer Dauer , die den Arbeitnehmer in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können. Soweit also die geringere Mobilität und möglicherweise häufigeren Erkrankungen den Arbeitnehmer an der vollen und wirksamen Teilnahme am Berufsleben hindern, sei eine Behinderung gegeben.
Das vorlegende Gericht müsse prüfen, ob die während der gesamten 15 Jahre der Tätigkeit als Tagesvater vorhandene Fettleibigkeit Herrn Kaltoft an seiner Teilnahme am Berufsleben behindert hat. Ist dies der Fall, müsse die Stadt Billund gemäß der Beweislastregel in Art. 10 AEUV beweisen, dass die Kündigungsentscheidung ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgt ist.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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