(ots) - 78 Prozent der Verlagshäuser setzen auf
Diversifikation / Plattformübergreifende Kommunikationslösungen
bieten größtes Wachstumspotenzial / Bestand der
Publikumszeitschriften mit 1.595 Titeln auf Allzeit-Hoch / 51 Prozent
der Verlage wollen 2015 neue Print-Titel auf den Markt bringen /
Verlagsbranche erzielt 2014 Gesamtumsatz von 15,1 Milliarden Euro /
Zeitschriftenverlage bei Reichweiten digitaler Angebote im
Gattungsvergleich weiter mit deutlichem Vorsprung an der Spitze /
ePaper-Auflage im Aufwind / Zeitschriften und Tageszeitungen sind
Meinungsführer im deutschen Medienmarkt / Bedeutung der Zeitschriften
in der Wirtschaftskommunikation nimmt weiter zu / Große Mehrheit der
Verlage sieht sich durch wirtschaftliche und regulatorische
Rahmenbedingungen in Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt / 61
Prozent der Verlage sorgen sich um geringes Bewusstsein der
Bevölkerung für den Wert der Presse- und Meinungsfreiheit
Deutschlands Zeitschriftenverleger setzen 2015 verstärkt auf
Diversifikation und Ausbau der Digitalformate und investieren
gleichzeitig ins Kerngeschäft. Drei von vier Verlagshäusern (78
Prozent) bezeichnen neue Geschäftsfelder als wichtigen Baustein ihrer
Unternehmensstrategie, und zwei Drittel (65 Prozent) kündigen für die
kommenden zwei Jahre steigende Investitionen in
Diversifikationsprodukte an. Gleichzeitig plant über die Hälfte der
Verlage, 2015 neue Titel auf den Markt zu bringen. Dies geht aus der
Trend-Umfrage 2015 hervor, die der Verband Deutscher
Zeitschriftenverleger VDZ unter ausgewählten Mitgliedern durchgeführt
und heute im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz in Berlin
vorgestellt hat (die Befragten repräsentieren mehr als zwei Drittel
des Branchenumsatzes).
"Die Zeitschriftenverleger gestalten den medialen Wandel
ausgesprochen unternehmerisch und sind dabei erfolgreich",
kommentierte VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer. "Die Branche
steht für Vielfalt, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Sorgen
macht den 450 Mitgliedsverlagen nicht der Wettbewerb mit anderen
Gattungen, sondern ganz besonders die regulatorischen
Rahmenbedingungen, die einen Wettbewerb auf Augenhöhe verhindern."
Wachstumsfelder
Wachstumschancen jenseits des klassischen Print-Geschäfts sehen
die Zeitschriftenverlage vor allem in der Erweiterung des digitalen
Angebots für ausgewählte Zielgruppen und Themen - 78 Prozent erwarten
der VDZ-Trend-Umfrage zufolge in diesem Bereich große
Umsatzpotenziale. 61 Prozent halten die Entwicklung und Umsetzung
plattformübergreifender Kommunikationslösungen für ein
zukunftsträchtiges Geschäftsfeld, während der Ausbau des
Bewegtbild-Angebotes für die Hälfte eine bedeutende Rolle spielt. 44
Prozent versprechen sich zudem von Branded-Content-Angeboten
Wachstum. Die Verlagshäuser investieren nicht nur in
Diversifikationsprodukte, sondern bauen zugleich ihr Print-Portfolio
durch eine Vielzahl neu gegründeter Titel erfolgreich aus. 2014
brachten die Verleger 133 Print-Magazine neu auf den Markt. In den
ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden bereits 16 Titel
gelauncht. Ende Februar 2015 erreichte die Anzahl der mindestens
quartalsweise erscheinenden Publikumszeitschriften mit 1.595 ein
Allzeit-Hoch. Wie die VDZ-Trend-Umfrage ergab, plant die Mehrheit der
Verlagshäuser (51 Prozent) in diesem Jahr Print-Neugründungen. 31
Prozent der Befragten werden demnach ein bis vier neue Magazine
entwickeln, und 20 Prozent wollen sogar fünf oder mehr neue Titel
präsentieren. "Die Investitionen in Print-Neugründungen und
Diversifikation zeigen den positiven Geist der Verleger, die Vielfalt
des Internets zu adressieren und gleichzeitig erfolgreich auf die
Magazinwelt zu übertragen", so Scherzer. "Im Kern stehen bei den
Häusern nach wie vor die redaktionellen Inhalte und Services, mit dem
Diktum der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit."
Gesamtumsatz und Umsatzprognose nach Geschäftsfeldern
Im Jahr 2014 beschäftigten die Zeitschriften-Verlage mehr als
60.000 Mitarbeiter und erzielten einen Gesamtumsatz von 15,1
Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr (14,85 Milliarden Euro)
bedeutet dies eine leichte Steigerung von 1,7 Prozent. Der
VDZ-Trend-Umfrage zufolge rechnet die Branche 2015 im
Digital-Geschäft mit einem Umsatz-Plus von neun Prozent. Im sonstigen
Geschäft erwarten die Verleger insgesamt ein Wachstum von zwölf
Prozent; hier wird vor allem der Bereich Corporate Publishing mit
23,7 Prozent deutlich zulegen. Bei Anzeigen und Vertrieb
prognostizieren die Befragten für 2015 einen moderaten Rückgang von
2,4 bzw. 1,9 Prozent. Die Frage nach den für das laufende Jahr
kalkulierten Umsatz-Anteilen zeigt, dass das Print-Geschäft mit 64
Prozent nach wie vor die tragende Säule bildet. Die Branche
erwirtschaftet mit dem Digital-Geschäft 16 Prozent des
Gesamtumsatzes, mit dem sonstigen Geschäft 20 Prozent.
360-Grad-Reichweite der Angebote
Zeitschriften erreichen laut AWA bzw. ACTA 95 Prozent der
Bevölkerung und sind damit knapp hinter TV das reichweitenstärkste
Massenmedium in Deutschland. Die Qualität und Leistungsstärke der
Zeitschriftenverlage im Digital-Geschäft zeigt sich bei der
Reichweitenentwicklung der Internet-Angebote, Mobile Enabled Websites
und Apps. Drei von vier Onlinern in Deutschland (39,4 Millionen)
nutzten in einem durchschnittlichen Monat im vierten Quartal 2014 den
AGOF internet facts zufolge die Internet-Angebote der
Publikumszeitschriften. Gegenüber dem Vorjahresquartal konnten diese
um weitere drei Prozent zulegen und liegen im Gattungsvergleich mit
75 Prozent nach wie vor unangefochten an der Spitze - mit deutlichem
Vorsprung vor den Internet-Angeboten der Tageszeitungen (63 Prozent),
TV-Sender (47 Prozent) und Radiosender (12 Prozent). Ein
vergleichbares Bild liefert die Betrachtung der Mobile Enabled
Websites und Apps. Laut AGOF mobile facts 2014-III gewannen die
Angebote der Publikumszeitschriften gegenüber 2013-III mehr als zwei
Millionen Unique Mobile User hinzu und führen mit einer Quote von 50
Prozent (17,2 Millionen) das Feld an. Auf den weiteren Plätzen folgen
Tageszeitungen (37 Prozent), TV-Sender (22 Prozent) und Radiosender
(sechs Prozent).
Entwicklung der ePaper-Auflage
Der wichtige Stellenwert des Digital-Geschäfts zeigt sich auch in
der Entwicklung der verkauften ePaper-Auflage. Der VDZ-Trend-Umfrage
zufolge ist diese 2014 in mehr als zwei Dritteln der Verlage (69
Prozent) im Vergleich zum Vorjahr gestiegen - um durchschnittlich 41
Prozent. Die Zahl der Digital-Abonnenten hat sich - bei einer
durchschnittlichen Zunahme von 16 Prozent - sogar in 83 Prozent der
befragten Verlagshäuser erhöht. "Die absoluten Zahlen bewegen sich
noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, aber die hohen
Wachstumsraten sind ein Beleg für das vorhandene
Paid-Content-Potenzial in diesem Bereich", sagte Scherzer.
Presse mit starker Position als Meinungsführer
Exklusivität, Qualität und Glaubwürdigkeit der Zeitschriftenmarken
spiegeln sich in einer aktuellen Analyse des
Medienforschungsinstituts Media Tenor wider. Demnach waren
Zeitschriften zusammen mit den Tageszeitungen auch 2014 die
Meinungsführer im deutschen Medienmarkt - mit deutlichem Vorsprung
vor TV und Radio sowie nicht-journalistischen Digital-Angeboten. Fast
drei Viertel der insgesamt rund 27.000 analysierten Medien-Zitate (74
Prozent) sind auf diese beiden Gattungen zurückzuführen, wobei die
Zeitschriftenmarken beispielsweise bei den Themen Automobil und IT
überdurchschnittlich punkten konnten. Der VDZ begrüßt den neuen
Compliance-Kodex zahlreicher DAX-Konzerne, der den Umgang
werbetreibender Unternehmen mit den Medien regelt. Der Kodex, der u.a.
die Selbstverpflichtung der Wirtschaft enthält, im Zusammenhang mit
dem Schalten von Werbung keine redaktionellen Beiträge einzufordern,
ergänzt die in den Verlagen bereits etablierten und gelebten
Grundsätze zur Trennung von Redaktion und Werbung. Dies ist ein
wichtiges Signal der werbetreibenden Unternehmen, dass auch sie
die Unabhängigkeit der Redaktionen von möglichen Interessen der
Werbekunden wünschen und einfordern.
Fachmedien
Gegenüber dem Vorjahr hat darüber hinaus auch die Bedeutung der
Zeitschriften in der Wirtschaftskommunikation weiter zugenommen. Wie
die B2B-Entscheideranalyse 2014/15 der Deutschen Fachpresse ergab,
investieren 38 Prozent der befragten Manager aktuell sogar mehr Zeit
in die Fachmedien-Lektüre als noch vor zwei Jahren. Dabei wird fast
eine flächendeckende Nutzungsquote erreicht. So sind Fachmedien
(Print und Digital) für 94 Prozent der Entscheider wichtige
Informationsquellen. Diese Relevanz spiegelt sich auch in der
Umsatzentwicklung der Fachmedien wieder. Mit einem Gesamtumsatz von
rund 3,3 Mrd. Euro und rund 1,5 Prozent Wachstum in 2014 setzt sich
der Wachstumstrend nunmehr seit 2009 fort.
Medienpolitische und regulatorische Rahmenbedingungen
Die Zeitschriftenverlage befinden sich heute mehr denn je in einem
durch eine Vielzahl wirtschaftlicher und regulatorischer
Rahmenbedingungen gekennzeichneten Wettbewerbsumfeld - von
zunehmenden Werbebeschränkungen über die Schwächung des Urheberrechts
und den Missbrauch von Monopolpositionen bis hin zum Steuernachteil
digitaler Produkte. Wie die VDZ-Trend-Umfrage zeigt, fühlen sich mehr
als drei Viertel der Verlagshäuser (79 Prozent) dadurch in ihrer
Leistungsfähigkeit und Produktvielfalt sowie in ihren
Wachstumschancen erheblich beeinträchtigt. Zwölf Prozent sehen sogar
eine existenzgefährdende Beeinträchtigung.
Die deutsche Zeitschriftenlandschaft ist in ihrer Vielfalt und
Qualität weltweit vorbildlich. "Um diesen Grundstein einer freien
pluralistischen Gesellschaft für die Zukunft zu erhalten, ist es
essenziell, dass die politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel
verlässlich Rahmenbedingungen gewährleisten, die den zumeist
inhabergeführten, mittelständischen Verlagen Investitionssicherheit
und fairen Wettbewerb ermöglichen", erklärte Scherzer.
An erster Stelle muss in diesem Zusammenhang die
EU-Datenschutzgrundverordnung angeführt werden, die noch in diesem
Jahr fertig gestellt werden soll. Zurzeit gibt es im Entwurf noch
keine gesicherte datenschutzrechtliche Grundlage beispielsweise für
die adressierte Abonnement-Werbung, die digitalen Geschäftsmodelle
oder die journalistische Datenverarbeitung. "Eine Verordnung, die
Verlage und europäische Unternehmen wirtschaftlich benachteiligt und
die redaktionelle Pressefreiheit schwächt, ist das komplette
Gegenteil zukunftsfähiger Regulierung", so Scherzer.
"Ohne einen effektiven urheberrechtlichen Schutz ist eine
wirtschaftlich tragfähige private Presse im digitalen Zeitalter nicht
denkbar. Wenn die EU-Kommission nun das EU-Urheberrecht überarbeitet,
muss sie dieser Realität Rechnung tragen. Das geltende EU-Recht
schützt Rundfunkunternehmen, Musik- und Filmproduzenten, nicht aber
Presseverlage. Das ist angesichts der fortschreitenden
Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß und muss geändert werden",
führte der VDZ-Hauptgeschäftsführer weiter aus.
Dazu zählt auch die überfällige Anpassung des Mehrwertsteuersatzes
für digitale Medienangebote der Presse. Die Große Koalition sollte
deshalb auf einen einstimmigen Beschluss aller EU-Regierungen zur
entsprechenden Änderung des EU-Mehrwertsteuerrechts hinwirken. "Wenn
künftig immer mehr Presseprodukte als ePaper oder App in digitaler
Form nachgefragt werden, führt das Ungleichgewicht zwischen den mit
19 bzw. sieben Prozent besteuerten Medien zu einer Benachteiligung
gerade der innovativen Verlagshäuser", so Scherzer. Die Folgen eines
Auseinanderfallens der Mehrwertsteuerumsätze zeigen sich an den
wundersamen Regelungen des BMF, das für kostenlose ePaper-Ergänzungen
des Printabonnements nicht nur in Zukunft, sondern auch für die
Vergangenheit eine Nachsteuerung mit 19 Prozent verlangt. Die Verlage
sollen für digitale Null-Umsätze in zweistelliger Millionenhöhe
Umsatzsteuer nachzahlen. Erfreulicherweise haben die
Zeitschriftenverleger aber jetzt im Bundeswirtschaftsministerium
Unterstützung gefunden.
Zudem sollte Europa nicht noch länger Sonderregelungen zugunsten
von Internet-Monopolen zulassen. Es ist an der Zeit, auch auf solche
Unternehmen geltendes Wettbewerbsrecht konsequent anzuwenden, um die
Wahlfreiheit von Verbrauchern im Rahmen marktwirtschaftlicher
Vielfalt zu erhalten.
Presse- und Meinungsfreiheit
In der Trend-Umfrage fragte der VDZ seine Mitglieder auch danach,
ob sich die Bevölkerung des Wertes der Presse- und Meinungsfreiheit
für die Gesellschaft und den einzelnen Bürger bewusst ist. 61 Prozent
der Verlagshäuser sind der Meinung, dass dieses Bewusstsein weniger
ausgeprägt ist. Ein Drittel dagegen schätzt das Bewusstsein für den
Wert der Presse- und Meinungsfreiheit als stark ausgeprägt ein. Die
Themen Presse- und Meinungsfreiheit standen Anfang Januar nach dem
Anschlag auf die französische Satire-Zeitung Charlie Hebdo im Fokus
der öffentlichen Debatte. Dass dieser Diskurs einen anhaltenden
Effekt in der Bevölkerung haben wird, glauben aber lediglich 22
Prozent der befragten Verlage. 78 Prozent dagegen sind der Meinung,
der Austausch über die Presse- und Meinungs-Freiheit habe nur
kurzfristig das Interesse der Menschen geweckt. Der VDZ hat sich auch
in der Vergangenheit deutlich zu diesem Themenfeld positioniert und
wird sich auch 2015 zu Wort melden: beispielsweise zum Tag der
Pressefreiheit sowie im Rahmen des Publishers' Summit.
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Peter Klotzki
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