(ots) - Ein Gentleman schweigt und genießt. Auf den
Bundespräsidenten trifft das sicher zu, wenn er liest, was Politiker
aus fast allen Lagern über ihn sagen: dass Joachim Gauck Deutschland
guttut. Das tut wiederum Gauck gut.
Diese Debatte über eine zweite Amtszeit kommt zu früh. Er ist bis
2017 gewählt. Es reicht, wenn er sich ein Jahr vorher erklärt.
Stattdessen: subtile Botschaften aus der Politik. Erstens wird Gauck
geschätzt und bräuchte um eine Mehrheit nicht zu bangen. Gut zu
wissen. Es macht ihn frei. Zweitens geben sie dem Präsidenten zu
verstehen, dass sie seine Nachfolge durchaus schon auf der Agenda
haben. Zu viel Zeit soll er sich auch nicht lassen. 2017 wird ein
neuer Bundestag gewählt und darob die Präsidentenfrage schnell zum
Politikum; oft genug war es so.
Deswegen wäre Gaucks Wiederwahl so bequem. Sie würde SPD und Union
vieles ersparen, allen voran die Versuchung der Taktiererei. Auch FDP
und Grüne wären erleichtert. Bis auf die Linkspartei reklamieren ihn
alle für sich, obwohl Gauck sein Amt nicht im Stile eines Chamäleons
ausgeführt hat. Gauck hat sich als politischer, unangepasster
Präsident erwiesen. Außenpolitisch hat er eine neue Diskussion über
die deutsche Verantwortung angestoßen. Ob man es mag oder nicht - er
hat einen eigenen Kopf und er hat etwas bewegt.
Spätestens hier ist der Zeitpunkt gekommen, sich in Joachim Gaucks
Lage zu versetzen. Die meisten Vorgänger taten mit einer erneuten
Bewerbung sich selbst keinen Gefallen. Gerade Gauck hat allen Grund,
die Erfahrungen seiner Vorgänger zu berücksichtigen, weil er nach
einer Wiederwahl bis zum zarten Alter von 82 Jahren im Amt bleiben
würde. Der Präsident muss sich fragen, was das Anliegen einer zweiten
Amtszeit sein könnte.
Das Amt - allein die vielen Reisen - schlaucht ungemein. Es ist,
mit Verlaub, nichts für Greise. Gauck wird in sich hineinhorchen und
beim leisesten Zweifel eine Kandidatur verwerfen. Es ist seine
Entscheidung - auch der Zeitpunkt der Verkündung. So viel Respekt
muss sein. Falls die Machs-noch-einmal-Debatte anhält, wäre es eine
politische Nötigung.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de