(ots) - Wieder lässt sich Gabor Steingart, Herausgeber des
deutschen "Handelsblattes", etwas Neues einfallen: Er entwickelt
soeben eine Zeitung, die nur zehn (!) Themen bearbeitet. "Die aber
müssen so gut sein, wie man sie sonst nicht findet. Das Wichtigste,
tief und gründlich." Für Frau Merkel - weil die würde in ihrem
morgentlichen Briefing auch nicht mehr als zehn Themen aufnehmen
können, übrigens auch nicht Obama.
Diese Pläne verriet Steingart beim European Newspaper Congress,
der bis morgen, Dienstag, 5. Mai, im Wiener Rathaus tagt. Steingart
wird auch mit nur zehn Themen pro Zeitung gut verdienen, wie bereits
jetzt mit dem "Handelsblatt", bei dem auch alle Online-Inhalte zu
bezahlen sind. Gratis gebe es bei ihm nichts, sagte Steingart. Er
empfiehlt: "Wir sollen uns nicht wertlos machen." Beim
"Handelsblatt", das sich als "Gemeinschaft zur Verbreitung des
wirtschaftlichen Sachverstandes" versteht, bilden Print und Online
eine gemeinsame Redaktion, die plant, Teile der Zeitung ohne Worte
herauszubringen: Infografiken und ähnliche Elemente.
Pointiert die Medienschelte Steingarts: "Wir sind
gleichgeschaltet, Studien zeigen, dass in Deutschland nach drei Tagen
alle Medien dieselbe Meinung zu einem Thema haben." Zusätzlich seien
die Medienleute "autoritär, unkomisch und verquatscht", und die
Medienhäuser seien Festungen. Damit könnten die Zielgruppen mit ihrem
unstillbaren Freiheits-Begehren nicht erreicht werden.
Anders die Chefredakteurin der portugiesischen Zeitung "Publico",
Bárbara Reis: "Journalismus hat seine Arroganz über Bord geworfen:
Wir haben nach dem Dialog mit unseren Usern ein System entwickelt,
das Interessen und Wissen der Leser aufnimmt. Manchmal wissen Leser
mehr - sie sind Spezialisten, Experten, Fachleute." Die
Unterscheidung von anderen ist für ihre Zeitung wesentlich.
Zeitungsdesigner Norbert Küpper zeigte beim European Newspaper
Congress die Trends. Er wies darauf hin, beim Datenjournalismus nur
dann Daten zu einer Geschichte zu verarbeiten, wenn sie Nutzwert für
den Leser haben. Mit beeindruckenden Beispielen aus den Zeitungen,
die mit einem Award ausgezeichnet werden, zeigte er, wie Inhalte
durch atmosphärisch dichte Fotos auf spannende und unverwechselbare
Weise präsentiert werden können.
"Relevanz" heißt zur Zeit das wichtigste Wort in der Schweizer
"Sonntags-Zeitung". "Wir haben versucht, mit boulevardesker
Ausrichtung die Zeitung zu stärken, das funktionierte nicht", gesteht
Chefredakteur Arthur Ruthishauser beim European Newspaper Congress
in Wien. Statt extra bunt ist die Zeitung nun fokussiert. Damit habe
man den Gewinn verdoppelt, bei gleichbleibender Auflage.
Der auf Editorial Design spezialisierte Tobias Peier berichtet,
dass Kreative Inhalt besser gestalten müssen, um verstanden zu
werden. Dazu brauche es Rückhalt der Chefredaktion. Im inhalt
Präzision auf das Wesentliche, in der Aufmachung weniger bunt -
Reduzierung sei in der Zeitungslandschaft angesagt. Um Reduzierung,
Optimierung und Führungsqualität geht es auch morgen, Dienstag, 5.
Mai, beim Newspaper Congress. Und Michael Fleischhacker gibt eine
erste NZZ-Zwischenbilanz.
Der European Newspaper Congress wird vom Medienfachverlag Johann
Oberauer gemeinsam mit Norbert Küpper, Zeitungsdesigner in
Deutschland, veranstaltet. Kooperationspartner wie die Stadt Wien,
Austria Tabak/JTI und die OMV unterstützen maßgeblich die
Veranstaltung.
Das komplette Programm und Anmeldung: www.newspaper-congress.eu
Pressekontakt:
Johann Oberauer, johann.oberauer(at)oberauer.com, Tel. 0043 664 2216643