(ots) - Tarifautonomie, Streikrecht und Mitbestimmung sind
zentrale Bestandteile des Sozialstaats. Sie sind gesetzlich
festgeschrieben und haben sich in der Geschichte der Bundesrepublik
grundsätzlich bewährt. Das lag vor allem daran, dass die Beteiligten
in der Regel mit Augenmaß gehandelt haben. Sie hatten die jeweiligen
Interessen ebenso im Blick wie das große Ganze: Streik als letztes
Mittel, um in Verhandlungen eine Lösung zu finden.
Dieses Augenmaß ist der Lokführergewerkschaft GDL und ihrem Chef
Claus Weselsky völlig abhanden gekommen - wenn es denn jemals
vorhanden war. Die Lokführer agieren unverhältnismäßig. Sie
missbrauchen das Streikrecht, machen die Fahrgäste zu Geiseln, legen
ein ganzes Land lahm, um... ja, warum eigentlich? Um für die
Lokführer einen ordentlichen Schluck aus der Lohnpulle durchzusetzen?
Wenn es so wäre, hätten sie doch schon viel erreicht.
Die Arbeitsbedingungen der Lokführer haben sich in den vergangenen
Jahren spürbar verbessert, aktuell liegt zudem das Bahn-Angebot einer
Gehaltserhöhung um 4,7 Prozent und einer Einmalzahlung von 1000 Euro
vor. Das müsste doch allemal eine Grundlage für weitere Gespräche
sein.
Allerdings, und das bestreitet niemand mehr, geht es vor allem um
Macht und Einfluss. Weselsky und die GDL kämpfen gegen das geplante
Tarifeinheitsgesetz, das Spartengewerkschaften schwächen wird. Dabei
haben die Lokführer mutmaßlich sogar die Grundrechte zu
Koalitionsfreiheit und Streikrecht auf ihrer Seite. So sah es
zumindest das Bundesarbeitsgericht im Urteil von 2010. Irgendwann in
2015 oder 2016 oder 2017 wird die Auseinandersetzung um die
Tarifeinheit wieder bei den Richtern liegen.
Doch fernab von der juristischen Bewertung hat der Streit auch
eine wirtschaftliche, vor allem eine gesellschaftliche Dimension.
Sind sich Gewerkschafter wie Claus Weselsky ihrer Verantwortung
gegenüber den Menschen in diesem Land bewusst? In diesem Fall lautet
die Antwort eindeutig Nein. Weselsky schadet mit seinem
unerträglichen Vorgehen den Bahnkunden, der Bahn - und letztlich den
Gewerkschaften.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de