PresseKat - Allg. Zeitung Mainz: Gabriels Bauch / Kommentar zu Großer Koalition und Geheimdiensten

Allg. Zeitung Mainz: Gabriels Bauch / Kommentar zu Großer Koalition und Geheimdiensten

ID: 1214109

(ots) - Die Vorstellung, Angela Merkel stellte wegen der
Geheimdienstaffäre die Vertrauensfrage zur Herbeiführung von
Neuwahlen, ist absurd. Das weiß Unionsvize Fuchs, das weiß Sigmar
Gabriel, das weiß zu allererst die Kanzlerin. Die NSA/BND-Affäre ist
ernst, aber von einer Staatskrise kann nicht im Entferntesten die
Rede sein. Auch ist die Arbeitsfähigkeit der Kanzlerin oder ihrer
Regierung in keiner Weise gefährdet. Mit seinen Attacken gegen Merkel
haut Sigmar Gabriel, um es populär auszudrücken, auf den Putz. Er
führt schon mal eine Art Wahlkampf light, er hat ja auch nichts zu
verlieren. Mithin kann er zum einen das tun, was er besonders gerne
tut: seinem Bauchgefühl nachgeben und einfach mal einen raushauen.
Zum Zweiten testet er eine Taktik, mit der Gerhard Schröder einst
erfolgreich war. Mit dem Unterschied, dass Schröder eine Spitzenkraft
in puncto Taktik ist, Gabriel dagegen eher Mittelmaß. Schröder gewann
die Bundestagswahl 2002 unter anderem mit seinem Slogan vom
"deutschen Weg", der Nicht-Teilnahme am Irak-Krieg, der 2003 kam. In
staatsmännischer Attitüde, kernig und ein bisschen anti-amerikanisch
überholte er die Union und Merkel rechts. So was vergisst Merkel
nicht, und deshalb ist sie derzeit so vorsichtig. Aber auch sie weiß
ganz genau, dass Gabriel kein Schröder ist. Geheimdienst, das ist
Drecksarbeit, und wenn die in Industriespionage ausartet, ist das
natürlich kriminell - zumindest nach deutschem Recht. Die Amerikaner
werden sich unter Hinweis auf Nine Eleven auf Selbstverteidigung und
Notstand berufen. Das kann man mies finden, wenn man will. Aber man
muss auch Verständnis haben für eine Regierungschefin, die - zu Recht
- sagt: Deutschland wird auch von US-Geheimdiensten verteidigt.



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Datum: 19.05.2015 - 17:50 Uhr
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