(ots) - Kleine und mittlere Banken laufen
Gefahr, durch Anforderungen der Europäischen Zentralbank (EZB)
überfordert zu werden. Dies befürchten die Sparda-Banken nach den
ersten sechs Monaten Erfahrung mit der EZB-Aufsicht.
"Wir wollen nicht an allgemeinen europäischen Durchschnitten
gemessen werden, sondern an den Anforderungen unseres spezifischen
Geschäftsmodells", sagte der Vorstandsvorsitzende des Sparda-Verbands
Prof. Dr. Joachim Wuermeling anlässlich des Sparda-Verbandstags in
Frankfurt am Main. Schematisches Aufsichtshandeln würde weder den
Instituten gerecht noch erfasse es die tatsächlichen Risiken im
europäischen Bankensektor. Europa brauche jetzt eine
'Mittelbankspolitik'. Die sogenannten "Less Significant Institutes"
(LSI´s) müssten mit den Instrumenten der klassischen
Mittelstandspolitik wie Geringfügigkeitsgrenzen, Schwellenwerten und
Ausnahmeregelungen entlastet werden. Ansonsten könne der
Regulierungsdruck lebensbedrohlich werden, befürchtet Wuermeling.
Die EZB beaufsichtigt direkt seit November vergangenen Jahres nur
die Großbanken. Die Aufsicht über die LSI's verbleibt bei den
nationalen Aufsehern. Jedoch hat die EZB jederzeit Durchgriff auf sie
und kann so die Aufsicht maßgeblich steuern. Andreas Dombret,
Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, plädierte dafür,
nationale Besonderheiten bei der Aufsicht über die LSI´s zu
berücksichtigen. "Damit die europäische Aufsicht ein Erfolg wird,
muss den nationalen Aufsehern der nötige Spielraum gelassen werden,
um auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der einzelnen Institute
einzugehen. Das gebietet das in den Aufsichtsregeln verankerte
Subsidiaritätsprinzip und ist die effizienteste Lösung."
Jukka Vesala, Generaldirektor für die indirekte Aufsicht in der
EZB, betonte, dass die EZB mit den nationalen Aufsichtsbehörden eine
gute Arbeitsbeziehung aufbauen wolle. Natürlich müsse nach dem
Proportionalitätsprinzip die unterschiedliche Größe der Institute
berücksichtigt werden. "Die EZB setzt sich für einheitliche, hohe
Standards für die Überwachung innerhalb des gesamten SSM ("Single
Supervisory Mechanism", einheitlicher europäischer
Bankenaufsichtsmechanismus) ein. Beispielsweise erwartet die EZB,
dass identische Risiken einheitlich bewertet werden", sagte er.
Demgegenüber erwiderte Enrico Kahl, Verbandsratsvorsitzender der
Sparda-Banken: "Wir haben Verständnis dafür, dass die EZB sich erst
mit den Bankensektoren der einzelnen Euroländer vertraut machen muss.
Allerdings sehen wir mit Sorge nach den ersten 200 Tagen EZB-Aufsicht
eine Tendenz, Regeln für systemrelevante Banken eins zu eins auf
kleine und mittlere Institute zu übertragen. Das belastet diese
Banken unverhältnismäßig und benachteiligt sie im Wettbewerb. Daher
fordern wir von der EZB eine dem Risiko angemessene Regulierung.
Ansonsten wird die Vielfalt der Bankenlandschaft leiden und damit
letztlich auch die Stabilität des europäischen Finanzsystems".
Johan Kapl, Mitglied des Vorstands der Sparda-Bank Münster,
forderte - gerade weil die EZB ihre neue Rolle erst einüben müsse -
so schnell wie möglich einen Dialog zwischen der EZB und den LSI´s.
Bislang kommuniziere die EZB nur mit den nationalen
Aufsichtsbehörden. "Die 3.700 kleinen und mittleren Institute wollen
für die europäischen Aufseher nicht nur Karteikarten sein, sondern
auch gehört werden."
Die Diskussion um den richtigen Ansatz bei der Bankenaufsicht
stellte Ludek Niedermayer, Mitglied des Europäischen Parlaments, in
einen größeren Zusammenhang: "Eine effektive Bankenüberwachung ist
für die Zukunft Europas entscheidend. Ich betrachte die Bankenunion
als eine sehr wichtige Errungenschaft der EU und als großen Erfolg.
In dieser Podiumsdiskussion möchte ich die Regulierungs- und
Aufsichtsbehörden darauf aufmerksam machen, dass viele neue Vorgaben
und Anforderungen ausgearbeitet wurden und nicht nur die
Wirkungsweise jeder einzelnen Vorgabe, sondern die gesamte Wirkung
aller Maßnahmen sorgfältig in Betracht gezogen werden sollte."
Pressekontakt:
Isabelle Drexler
Public Affairs
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