Im Interview mit Leserkanone.de sprach Krimiautor Thomas Nommensen über seinen Roman »Ein dunkler Sommer«, die Entwicklung seiner Figuren und Plots sowie über das schriftstellerische Geschick seiner Ehefrau Jutta Maria Herrmann.
(firmenpresse) - Im vergangenen Juni veröffentlichte Thomas Nommensen mit »Ein dunkler Sommer« den ersten Roman einer geplanten Serie über einen jungen Hauptkommissar namens Arne Larsen. Zum jetzigen Zeitpunkt zählt das Buch zu den zwanzig Kriminalromanen des Jahres 2014, die von den Besuchern des Leipziger Literaturportals www.leserkanone.de am besten bewertet wurden. Im Interview mit Leserkanone.de sprach Nommensen über seinen Roman, die Entwicklung seiner Figuren und Plots sowie über das schriftstellerische Geschick seiner Ehefrau Jutta Maria Herrmann.
– Herr Nommensen, vermutlich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von Ihrem Buch genommen. Könnten Sie unseren Lesern »Ein dunkler Sommer« kurz mit eigenen Worten vorstellen?
Vor zehn Jahren ist in einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein ein furchtbares Verbrechen geschehen – ein entführtes Mädchen kam in seinem Versteck während eines Unwetters elendig um. Als der damals Verurteilte nun entlassen wird, erhalten in dem Ort mehrere Menschen Drohbriefe und Anrufe, ein wichtiger Zeuge aus dem Prozess wird ermordet aufgefunden und dann verschwindet wieder ein Kind. Hauptkommissar Arne Larsen realisiert schnell, dass er es mit viel mehr als nur einem simplen Racheakt zu tun hat und nichts so einfach ist, wie es zunächst scheint. Immer wieder muss er sich der Frage stellen, wer in dem perfiden Spiel eigentlich Opfer und wer Täter ist.
– Ihr Buch wird als Auftakt einer Reihe an Büchern über einen jungen Hauptkommissar namens Arne Larsen beworben. Was zeichnet die Figur aus, dass Sie sich dazu entschlossen haben, ihr gleich mehrere Bücher widmen zu wollen? Oder stand zunächst die Idee, eine Romanserie schreiben zu wollen, und wurde Arne Larsen dafür maßgeschneidert?
»Ein dunkler Sommer« war anfangs nicht als Reihe geplant, das ergab sich, als ich während des Schreibens feststellte, dass die Figur reichlich Potential für weitere Fälle mit sich bringt. Glücklicherweise sah das der Rowohlt-Verlag ganz genauso.
Mit Larsen wollte ich einen sensiblen und empathischen Ermittler schaffen, der sich nicht über psychische Probleme, Drogenkonsum oder ähnliche Auffälligkeiten definiert, sondern über die Gabe sich in Opfer und Täter hineinzuversetzen. Ansonsten ist er tatsächlich relativ »normal«, auch wenn er von seiner Umwelt manchmal als ein wenig arrogant wahrgenommen wird und sich schwer tut, seine Ungeduld im Zaun zu halten.
– In Ihrem Buch spielen Sie mit Schuld und Unschuld, Sie stellen die Rolle von Tätern in Frage, die womöglich selbst nur unschuldige Opfer sind. Dank vieler Wendungen entsteht ein vielschichtiges Gesamtwerk, in dem immer wieder tief in die menschliche Psyche hineingeblickt wird. Wie gelingt es Ihnen, ein solch komplexes Gebilde und die dafür notwendige Atmosphäre zu erschaffen? Steht vor einem Roman wie »Ein dunkler Sommer« eine lange Planungsphase, oder entstehen Ihre Ideen während des Schreibens? Und schaffen Sie es, sich in den Schreibpausen von Ihrem Stoff zu lösen, oder sind Sie im Alltag permanent mit Ihrer Geschichte beschäftigt, bis der letzte Satz geschrieben und die letzte Korrektur durchgeführt wurde?
Tatsächlich gehe ich sehr lange mit einer Grundidee »schwanger«, bevor ich die erste Zeile zu »Papier« bringe. Ich entwickle schon vorher für jede Figur eine Art Prototyp vor meinem geistigen Auge. Diese hat in meiner Vorstellung zunächst oft die Optik bekannter Schauspieler (bei Gregor Harms habe ich beispielsweise an einen zehn Jahre jüngeren Götz George gedacht). Das macht es mir leichter, mit den Figuren gedanklich zu interagieren. Ich versuche, Personen durch ihr Handeln wirken zu lassen und ihr Äußeres nur mit wenigen »Pinselstrichen« zu beschreiben. Daher freut es mich besonders, wenn mir Leser schreiben, welche Bilder sie zu den Figuren beim Lesen entwickelt haben und das genau zu meinen Vorstellungen passt.
Mit einem groben Plotplan und meiner Besetzung fange ich dann an zu schreiben (und versinke tatsächlich manchmal tagelang in meiner Romanwelt) – dabei entstehen viele zusätzliche Ideen, die ich auch erst einmal zulasse. Erst am Ende prüfe ich abschnittsweise, was davon in die Endfassung kommt.
– Bis dato waren all Ihre Veröffentlichungen dem Genre des Kriminalromans bzw. des Thrillers zuzuordnen. Was machen speziell diese Genres für Sie aus, und wird man womöglich auch einmal etwas ganz anderes von Ihnen lesen können?
Spannungsromane beschreiben menschliches Verhalten in Extremsituationen. Das interessiert mich sehr. Was macht einen Täter aus, was treibt ihn an? Was läuft in der Psyche der Opfer ab? Aber auch die Frage, wie Angehörige den Verlust eines geliebten Menschen verarbeiten können, gehört dazu. Spannend für mich ist vor allem das »Davor« und »Danach« einer Tat. Ich mag es, mich in den Grenzbereichen der einzelnen Genre zu bewegen, so kommen z.B. in meinem Krimi »Ein dunkler Sommer« durchaus einige Thriller-Elemente vor. Eine Romanidee, die mir gerade sehr im Kopf rumspuckt, wird ein Crossover aus Thriller und Drama werden – eine Mischung, für die ich mich auch selbst als Leser absolut begeistern kann.
– Kürzlich haben wir hier bei Leserkanone.de ein Interview mit Ihrer Ehefrau Jutta Maria Herrmann zu ihrem Buch »Hotline« veröffentlicht. Was gefällt Ihnen an ihrem Buch ganz besonders, und warum sollten es die Besucher unserer Seite dringend als nächstes lesen, sobald sie mit »Ein dunkler Sommer« fertig sein werden?
»Hotline« ist ein packender Psychothriller, der wirklich unter die Haut geht. Mir gefällt ganz besonders, dass er festgetretene Pfade im Genre verlässt und mit der Beichthotline und ihren Betreibern, junge Leute, die eine ungewöhnliche Geschäftsidee haben, in den Mittelpunkt stellt. Wer spannende psychologische Thriller ohne Standard-Serienkiller und Blutorgien mag, ist bei »Hotline« genau richtig.
– Gibt es Aspekte am Schreiben, bei denen Ihnen Ihre Frau beim Verfassen Ihrer eigenen Geschichten hilfreich sein kann? Dinge, die sie womöglich Ihrer Meinung nach sogar ein kleines Stück besser beherrscht? Wieviel von Jutta Maria Herrmann steckt beispielsweise in »Ein dunkler Sommer«?
Wir tauschen uns natürlich viel über unsere Romanprojekte aus, sind füreinander Muse, Erstleser, härtester Kritiker oder einfach Schulter zum Trösten, wenn eine Idee mal nicht aufgeht. Daher steckt schon eine Menge von Jutta in meinem Schaffenswerk. Den eigentlichen Prozess der Ideenfindung, Plotentwicklung und des Schreibens bewerkstelligen wir aber komplett getrennt. Jutta ist großartig darin, lebendige, treffende Dialoge zu schreiben und es beeindruckt mich immer wieder, wie wenige Worte sie oft nur braucht um eine komplexe Szene zu beschreiben. Ich verliere mich da gerne mal in Details ;-).
– Was können wir von dem Autor Thomas Nommensen in Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?
Der zweite Band der Krimireihe um Arne Larsen, wird 2016 beim Rowohlt Verlag im FrĂĽhjahrsprogramm erscheinen. Titel und genauer Erscheinungstermin sind aber leider noch geheim.
Wer solange nicht warten mag: Im Oktober diesen Jahres erscheint das erste Gemeinschaftswerk von Jutta und mir nun auch im Print. Der Knaur Verlag packt unseren Kompaktthriller »…sonst tot« zusammen mit fünf Thrillern anderer Autoren in ein Taschenbuch, das unter dem Namen »Blutroter Winter« auf den Markt kommt.
Außerdem bin ich noch in der alljährlichen Weihnachtsanthologie des Knaur Verlages mit einem kleinen, fiesen Thriller (»Das heilige Fest der Rache«) vertreten. Erscheinungstermin von »Türchen, Tod und Tannenbaum« ist ebenfalls der Oktober 2015.
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