In ihrem Psychothriller »Hotline« führt Jutta Maria Herrmann vier Initiatoren einer Beicht-Hotline an ihre Grenzen und zeigt auf, wie schmerzhaft auch nah am Leben gestrickte Situationen sein können
(firmenpresse) - Vor wenigen Tagen stellte www.leserkanone.de den empfehlenswerten Kriminalroman »Ein dunkler Sommer« von Thomas Nommensen vor. Aus dem gleichen Haushalt, jedoch (abgesehen von einem Vierzeiler) aus anderer Feder, entstammt der vom Münchener Knaur-Verlag veröffentlichte Psychothriller »Hotline«. Geschrieben wurde er von Jutta Maria Herrmann, Nommensens Ehefrau. Nachdem die beiden Experten für das niedergeschriebene Verbrechen kürzlich in zwei Interviews verrieten, dass sie sich während ihrer Romanprojekte gegenseitig inspirieren wie auch kritisieren, waren die Redakteure der Seite guter Dinge, dass Frau Herrmanns Buch ähnlich überzeugend sein würde wie das ihres Mannes. Um festzustellen, ob es tatsächlich einen Pflichtkauf für alle Thrillerfans darstellt, haben sie es inzwischen gelesen.
Jutta Maria Herrmann entstammt ursprünglich einem kleinen Dorf im Saarland, machte eine Ausbildung zur Buchhändlerin und zog Mitte der achtziger Jahre nach Berlin. Dort studierte sie Germanistik, veranstaltete Rockkonzerte und schrieb Synchrondrehbücher. Inzwischen lebt sie mit ihrem Ehemann vor den Toren Berlins in Brandenburg. In den vergangenen Jahren verfasste sie zahlreiche kurze Kriminalgeschichten, von denen viele den Weg in Anthologien fanden. Sie ist Mitglied des »Syndikats«, dem größten Zusammenschluss deutschsprachiger Krimiautoren. Zudem ist sie ein Teil der »Mörderischen Schwestern«, der seit knapp zehn Jahren losgelöst von den »Sisters in Crime« agierenden Vereinigung von Krimiautorinnen in deutscher Sprache. Jutta Maria Herrmanns erster Psychothriller »Hotline« erschien im vergangenen Oktober, ist rund 330 Seiten lang und wurde sowohl als E-Book als auch als einfach, jedoch ansprechend gestaltetes Taschenbuch mit glänzendem Titel-Schriftzug veröffentlicht. In beiden Fassungen ist es für 9,99 Euro erhältlich.
Die für ihre Eifelkrimis bekannte Schriftstellerin Martina Kempff verriet vor wenigen Wochen, dass sie sich die Beichten der Anrufer der Telefon-Talk-Sendung »Domian« des Hörfunksenders Eins Live häufig als Inspiration für Figuren in ihren Bücher heranzieht. Jutta Maria Herrmann hat den Spieß umgedreht und eine Beicht-Hotline direkt in den Mittelpunkt ihres Buches gesetzt. Sie führt ihre Leser nach Berlin, wo sich die WG-Kameraden Chris, Rick, Paula und Konrad dazu entschließen, eine solche Beicht-Hotline ins Leben zu rufen. Anrufer haben die Möglichkeit, all das loszuwerden, was ihnen auf die Seele drückt, so schlimm es auch sei. Egal, ob es sich dabei einfach nur um unschöne Gedanken oder um tatsächlich begangene Taten handelt, sie erhalten von den vier Freunden eine Garantie: Die Polizei wird niemals eingeschaltet, denn den Leuten soll nur die Chance zum Reden gegeben werden, sie wollen sich nicht als deren Scharfrichter aufspielen.
Der letztgenannte Vorsatz hält so lange, bis Rick von einer Frau angerufen wird, die ankündigt, dass sie plant, ihr neugeborenes Baby lebendig zu begraben. Um das Schlimmste zu verhindern, versucht Rick zum Ungemach der anderen, die Bereitschafspolizei einzuschalten, die sich jedoch nicht sonderlich interessiert zeigt, da dafür zunächst ein Verbrechen geschehen sein müsste. Die Freunde müssen die Angelegenheit also selbst in die Hand nehmen, fahren zum Friedhof und finden ... eine große Puppe vor. Was anfangs wie ein schlechter Scherz anmutet, verkommt rasch zum Startschuss für äußerst unangenehme Ereignisse, denn es geht wenig später ein neuerlicher Anruf der Frau ein. Dieses Mal erklärt sie, dass die ganze Sache bis hierhin nur der Anfang war. Und so viel kann man versprechen: Es war tatsächlich nur der Anfang. Der Anfang zu einem Spiel, das mit den Freunden betrieben wird und das ihnen schwer zusetzen wird ... und zwar bis zum Äußersten.
Jutta Maria Herrmann gewährt ihren Lesern nicht viel Zeit und einen ruhigen Einstieg, sondern wirft sie gleich ins kalte Wasser, indem sie den unheilvollen ersten Anruf direkt an den Beginn ihres Buch setzt. Doch man sollte nicht damit rechnen, dass man ein Buch vor sich hat, das brachial Effekte haschen will – genau das Gegenteil ist der Fall. So lässt sich die Autorin anschließend viel Zeit, die vier Protagonisten in aller Ausführlichkeit vorzustellen, schenkt ihnen einen detaillierten persönlichen Hintergrund und macht sie lebendig und greifbar. Dadurch schafft gleichsam authentische wie auch eigenständige und facettenreiche Charaktere, die einer der wesentlichen Aspekte dafür sind, dass das Buch mit Erfolg seine gewünschte Wirkung erzielt. So fällt es leicht, sich in die Figuren zu versetzen, etwa Ricks Hilflosigkeit und Überforderung zu spüren, als er erstmals mit der Anruferin konfrontiert wird.
Authentizität und Realismus sind die Stichworte, die unabhängig von den Figuren die Qualität des Romans ausmachen: Obwohl es die vier Freunde mit einer Person zu tun haben, die offensichtlich über eine schwer kranke Psyche verfügt, wird diese nicht in überbordenen Gewaltexzessen zur Schau gestellt, sondern es wurde darauf gesetzt, dem Roman Glaubwürdigkeit zu verleihen, wodurch die Geschehnisse umso gemeiner erscheinen. Frau Herrmann verzichtete vermutlich bewusst darauf, eine Stafette von furiosen Wendungen aufzufahren, die filigran oder spektakulär geklungen hätten, wenn sie auch an den Haaren herbeigezogen gewesen wären, sondern stellt das dar, was ein kranker Geist tatsächlich anrichten könnte.
»Hotline« ist nicht auf Krawall gebürstet, sondern in ruhigen Worten vorgetragen. Umso eindringlicher wirkt es, wenn die Autorin an entscheidenden Stellen schnelle Hauptsätze aneinanderreiht und damit die Brisanz der Situation nach oben schraubt. Trotz zumeist leiser Töne ist das Tempo des Buches angenehm hoch, was unter anderem den mehr als sechzig kurzen Kapiteln zu verdanken ist, in denen immer wieder die Perspektive gewechselt wird, wodurch sich auch die Täterpsyche dem Leser gut erschließt. Selbst die Tatsache, dass der Leser weit vor dem Ende des Buchs erfährt, wer hinter allem steckt (womit sich ein noch zeitiger aufkommender Verdacht bestätigt), tut der Wirkung keinen Abbruch, denn das Buch lebt nicht nur von der Frage nach dem Person, sondern etwa auch nach dem Grund für all das, was geschieht, und den Konsequenzen. »Hotline« wird vielleicht nicht diejenigen begeistern, die Psychothriller im Stile eines actionreichen Hollywoodfilms mögen, in denen das Rad der Gewalt bis an den Anschlag gedreht wird oder der Realismus zugunsten von umgestümen Überraschungen mit der Drahtbürste gestriegelt wird. Wer aber ein Buch lesen möchte, in dem packend beschrieben wird, wie schmerzhaft auch nah am Leben gestrickte Situationen sein können, der ist mit dem Roman bestens bedient.
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