(ots) - KOMMENTAR · FLÜCHTLINGSPOLITIK
Irrational
Wenn es um Migration geht, sind die Flüssigkeitsmetaphern nie
weit: Da türmen sich Flüchtlingswellen auf, Migrationsströme
schwellen an und Fluten von Menschen ergießen sich in angeblich volle
Boote. All diesen Sprachbildern liegt ein unleugbares Faktum
zugrunde: Migration ist der historische Naturzustand, "der Normalfall
der Geschichte", wie es der Historiker Klaus J. Bade einmal
formulierte. Schon immer gab es Auslöser, Gründe und Zwänge für
Menschen, ihre Heimat zu verlassen. "Migration gehört zur conditio
humana wie Geburt, Vermehrung, Krankheit und Tod", so Bade. An dieser
Tatsache wird der Plan der EU nichts ändern, Flüchtende mit
militärischen Mitteln in ihrem Streben nach Europa aufzuhalten. Die
Schleuser, organisierte Kriminelle, die am Leid von Menschen Geld
verdienen, werden künftig bekämpft: Erst sollen die Schiffe
aufgespürt, dann beschlagnahmt und schließlich zerstört werden.
Dieser Plan ist ein Wahnwitz. Die Beförderungsmittel der Migranten
anzugreifen, wird zur Verlagerung der Routen führen. Die
Flüchtlingswege werden noch beschwerlicher, länger und teurer. Man
löst jedoch so das Problem nicht. Im Gegenteil: Den Migranten Steine
in den Weg zu wälzen, verschärft die humanitäre Katastrophe, die sich
an den Stränden des Mittelmeeres ereignet. Die Flüchtlinge werden
trotzdem kommen, weil es da, wo sie herkommen, noch viel schlimmer
ist. Der neue Plan der EU ist in seiner Herangehensweise
zivilisierter Staaten nicht nur unwürdig, er ist auch irrational.
Migration ist nicht verhinderbar, höchstens steuer- und verwaltbar.
Aber in diesen Feldern fällt Europa ja schon lange nichts mehr ein.
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