(ots) - Nach neuen Berechnungen im Auftrag von Greenpeace
Energy wird die Subventionierung des geplanten britischen
Atomkraftwerks Hinkley Point C deutlich teurer. Laut einer
Kurzanalyse des Instituts Energy Brainpool summieren sich allein die
staatlich garantierten Vergütungszahlungen für das AKW während der
Förderzeit von 35 Jahren auf rund 108 Milliarden Euro. Dies ist
viermal so viel wie bislang bekannt und dürfte nach Einschätzung von
Greenpeace Energy den Strommarkt in Europa spürbar verzerren.
Zusammen mit anderen Unternehmen wird der Ökostromanbieter deshalb
Anfang Juli Klage gegen die EU-Kommission einreichen, weil diese die
Milliarden-Beihilfen für Hinkley Point C genehmigt hat. Die Republik
Österreich hat heute ebenfalls ankündigt, in der kommenden Woche eine
Klage dagegen einzureichen.
"Wir begrüßen es, dass Österreich als klagender Staat vorangeht",
sagt Greenpeace-Energy-Vorstand Sönke Tangermann, "zugleich fordern
wir auch die deutsche Bundesregierung noch einmal nachdrücklich auf,
sich ebenfalls juristisch gegen die Beihilfen für Hinkley Point C zu
engagieren, um die Energiewende hierzulande vor hochsubventioniertem
Atomstrom zu schützen." Die Klägergemeinschaft der Unternehmen will
verhindern, dass die hohen Subventionen für das britische AKW den
Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt zugunsten der Atomenergie
verzerren. Zudem könnte das britische Beihilfemodell als Türöffner
für weitere AKW-Projekte in Europa dienen.
"Wir können nicht hinnehmen, dass milliardenschwere Atombeihilfen
in Großbritannien auch den Strommarkt in Deutschland beeinflussen und
sogar den Ausbau erneuerbarer Energien spürbar behindern können",
sagt Sönke Tangermann. Bereits im März hatte Greenpeace Energy in
einem Gutachten negative Auswirkungen von Hinkley Point C auf den
deutschen Energiemarkt belegt.
Durch den grenzüberschreitenden Stromhandel würde danach mit
Hinkley Point C auch hierzulande der Großhandelspreis für so
genannten Börsen-Graustrom, der auch Atomstrom enthält, sinken. Dies
benachteiligt engagierte Ökostromanbieter und Betreiber von
Erneuerbaren-Energien-Anlagen und kann für einzelne Anbieter pro Jahr
Einbußen im fünf- bis sechsstelligen Bereich bedeuten. Diese
Wirkungen vervielfachen sich, wenn wie geplant die
grenzüberschreitenden Stromleitungen in der EU massiv ausgebaut
werden und zudem andere europäische Länder das britische
Beihilfemodell übernehmen, um eigene AKW-Projekte zu realisieren.
"Während in Deutschland die Förderung von erneuerbaren Energien
zurückgeschraubt wird und für immer mehr Anlagen ausläuft, soll
ausgerechnet die gefährliche und überholte Atomtechnik ein
Beihilfepaket erhalten, das jegliche Ökostrom-Förderung weit
übertrifft", sagt Tangermann. So soll allein der Bau von Hinkley
Point C mit staatlichen Kreditgarantien in Höhe von umgerechnet mehr
als 20 Milliarden Euro abgesichert werden. Zudem will Großbritannien
dem AKW-Betreiber Électricité de France (EdF) für 35 Jahre eine
Garantievergütung für den dort produzierten Atomstrom zahlen. Diese
Vergütung liegt weit über dem Marktpreis, soll jährlich an die
Inflation angepasst werden und summiert sich dadurch laut Energy
Brainpool auf insgesamt 108 Milliarden Euro über den gesamten
Förderzeitraum. Hinzu dürften noch weitere Kosten für den
Steuerzahler kommen, die für die Endlagerung von Atommüll, den
späteren Rückbau der Anlage sowie bei möglichen Störfällen entstehen
können.
"Dass ein einzelnes Atomkraftwerk mit dreistelligen
Milliardenbeträgen aus dem öffentlichen Haushalt alimentiert werden
muss, kommt einer Bankrotterklärung der Atomindustrie gleich", sagt
Sönke Tangermann. "Hier liegt eindeutig das Versagen einer zugleich
gefährlichen und unwirtschaftlichen Technologie vor - und kein
allgemeines Marktversagen, das Beihilfen rechtfertigen würde, wie von
der EU-Kommission behauptet."
Die Kommission hatte die Beihilfen für Hinkley Point C im Oktober
2014 genehmigt. Ende April wurde die Genehmigung im EU-Amtsblatt
veröffentlicht und ist damit rechtsgültig. Zugleich begann mit der
Veröffentlichung eine achtwöchige Frist, innerhalb derer dritte
Parteien Nichtigkeitsklagen gegen die Beihilfeentscheidung vor dem
Europäischen Gericht, einer Vorinstanz des Europäischen Gerichtshofes
(EuGH), einreichen können.
Noch vor der Sommerpause will der Deutsche Bundestag zudem über
eine Klage Deutschlands entscheiden. Greenpeace Energy ruft die
Verbraucherinnen und Verbraucher deshalb noch bis zum 30. Juni im
Rahmen einer Mailing-Aktion auf, Bundestagsabgeordnete zum Votum
gegen die Beihilfen für Hinkley Point C zu bewegen: www.no-point.de.
Redaktionelle Hinweise:
Die Kurzanalyse von Energy Brainpool zu den Förderkosten für
Hinkley Point C finden Sie unter
www.greenpeace-energy.de/presse.html.
Einzelheiten der Klage werden wir am 2. Juli auf einer
Pressekonferenz in Berlin vorstellen. Für diesen Termin in der
Bundespressekonferenz um 11.30 Uhr folgt eine gesonderte Einladung,
interessierte Journalisten können sich aber bereits jetzt unter
presse(at)greenpeace-energy.de anmelden.
Pressekontakt:
Christoph Rasch
Politik und Kommunikation
Greenpeace Energy eG
Telefon 040 / 808 110 - 658
christoph.rasch(at)greenpeace-energy.de
www.greenpeace-energy.de