Im Interview mit Leserkanone.de sprach Cellistin und Schriftstellerin Eva Maria Hux über ihren Roman »Im Labyrinth des Poeten« und das kriminelle Potenzial der Künstlerszene
(firmenpresse) - Die in Schweden lebende Exil-Schweizerin Eva Maria Hux verbindet in ihrem beim Latos-Verlag erschienenen Kriminalroman »Im Labyrinth des Poeten« auf filigrane Weise die Welt der Musik mit der des Verbrechens. Im Interview mit der Literaturplattform www.leserkanone.de sprach die schreibende Musikerin über ihren Roman, das kriminelle Potenzial der Künstlerszene und darüber, wie es die Cellisten Truls Mörk und Sol Gabetta in ihren Roman geschafft haben.
– Frau Hux, vermutlich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von Ihrem Buch genommen. Könnten Sie unseren Lesern »Im Labyrinth des Poeten« kurz mit eigenen Worten vorstellen?
Mein Debütroman »Im Labyrinth des Poeten« spielt in der Welt der Musik und der Kunst. Der Konzertcellistin Adina Anderson wird von einem unbekannten Gönner ein wertvolles Stradivari-Cello zur Verfügung gestellt, das – wie sich bald herausstellt – im Inneren eine schwer zu deutende Inschrift trägt und Gerüchten nach in der Vergangenheit Auslöser tragischer Ereignisse gewesen ist. Als sich die Cellistin auf die Suche nach früheren Besitzern des Cellos macht und das Rätsel um das Instrument zu entschlüsseln versucht, bringt sie sich in Gefahr. Bald ist nicht mehr klar, wem sie vertrauen kann. Die Spuren führen bis in die Zeit der Französischen Revolution zurück. Die Rahmenhandlung ist in der jetzigen Zeit in Frankreich und in der Schweiz angesiedelt, dazwischen schiebe ich Rückblicke, die sich – zusammen mit Adinas Ermittlungen – wie Puzzleteile nach und nach zu einem deutlicheren Bild zusammenfügen. Es ist eigentlich eine Geschichte mit zwei Hauptsträngen: teils eine Schnitzeljagd à la Dan Brown, teils die éducation sentimentale der Protagonistin, welche in einer tiefen Sinnkrise steckt und erst einmal über ihren eigenen Schatten springen muss.
– Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Romane würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder, oder haben Sie Ihren eigenen Stil auf andere Weise gefunden? Was sind Ihre eigenen Lieblingsbücher?
Selbst lese ich mit Vorliebe großangelegte, blumig geschriebene Dramen und Erzählungen – gerne mit einem Geheimnis in der Vergangenheit. Vorbilder für meinen Roman waren die fesselnden, vielschichtigen Romane von Kate Morton, Katherine Webb und Charlotte Link. Mich fasziniert, wenn Worte wie Töne aneinandergereiht werden und damit ein spezielles Ambiente geschaffen wird. Ich habe schon immer viel gelesen und lasse mich von meinem Rhythmusgefühl und meinem Erzählinstinkt leiten. Als Musikerin muss man beim Konzertieren nachspüren, ob man die Zuhörer fesselt; dasselbe gilt für das Erzählen. Ich wähle fast ausschließlich Schauplätze, mit denen mich eigene Erinnerungen verbinden, und mische Elemente in die Geschichten, die mich faszinieren, z.B. alle Arten von Rätseln, Dechiffrierungen, verborgene Botschaften in Bildern und Geschichten, die Macht der Musik und die Legenden um Antonio Stradivarius‘ Instrumente.
Meine Absicht war, einen Roman zu schreiben, den ich selber gerne lesen würde. Ich denke filmisch und liebe die Formbarkeit der deutschen Sprache, deshalb schreibe ich auch nicht auf Schwedisch, obwohl dies nunmehr meine Alltagssprache ist.
– Sie leben als Schweizerin in Schweden und schreiben dort Ihre Bücher, haben als Schauplatz jedoch Ihre Schweizer Heimat ausgewählt. Wäre es nicht der einfachere Weg gewesen, sich ins gemachte Nest zu setzen, einen »Schwedenkrimi« zu schreiben und damit von der Popularität dieses Subgenres zu profitieren? Was hat Sie dazu bewogen, stattdessen eine literarische Heimreise zu bestreiten?
Mit dem Wort »Heimreise« haben Sie den Punkt wohl bereits getroffen. Ich lebe und arbeite seit bald siebzehn Jahren in Stockholm. Dadurch, dass mein Debütroman und meine veröffentlichten (und diverse noch unveröffentlichte) Kurzkrimis in meiner »alten« Heimat spielen, halte ich diese in mir wach. Ein Medikament gegen das Heimweh, das einen ab und zu hier »in der Fremde« befallen kann. Mit den Figuren meiner Geschichten bewege ich mich an die Orte meiner Vergangenheit zurück, in eine Art Idylle hinein, die dann aber unverzeihlicherweise für ein Verbrechen herhalten muss. Oftmals hole ich die Schauplätze aus meiner Erinnerung – dadurch erlebe ich sie gleich mit allen Sinnen und formuliere die passende Beschreibung dazu. Danach verfeinere ich meine Eindrücke anhand von Fotos oder einer Recherchereise. Typische Begebenheiten und Traditionen sowie Kindheitseindrücke spielen eine große Rolle. Vielleicht erlaubt die örtliche Distanz ja eine ausgewogenere Beschreibung, als wenn ich mich mitten drin in der Szenerie befände.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich irgendwann einen Roman hier in Schweden ansiedle – ein relativ ausgearbeitetes Manuskript zu einem »Schwedenkrimi« findet sich bereits in meinem Computer –, aber man darf keine Nachfolge von Mankell, Ekman, Dahl erwarten. Mir liegen die Mentalität der kontinentalen Europäer und ihre wärmere, sinnlichere Erzählweise näher. Als Ort, wo meine Geschichten das Licht der Welt erblicken können, erweist sich Stockholm hingegen als perfekt und inspirierend.
– Sie haben sich dazu entschlossen, keine Gewaltexzesse in Ihr Buch einzubauen, sondern eine geheimnisvolle Schnitzeljagd zu inszenieren. Fürchten Sie nicht, dass dies dem Trend der Zeit widersprechen könnte, in der sich Romane in Sachen Brutalität gerne gegenseitig überbieten? Was hat Sie generell zu Ihrer Geschichte inspiriert?
Ich liebe Krimis, sowohl in Film- als auch in Buchform, bin aber persönlich nicht an den grusligen Details einer Leiche oder an wiederholten Rückblicken auf den Tathergang interessiert. In meinem Roman hat zwar in der Vergangenheit ein Verbrechen stattgefunden, diese Szene wird auch beschrieben, aber ich halte mich nicht länger als nötig bei Details oder Gewaltausbrüchen auf. Vielmehr beschäftigen mich die Beweggründe, die Interaktion zwischen den Verdächtigen und der Polizei, die Gedanken meiner Romanfiguren und die Wahl ihrer Handlungen. Ein Krimi ist für mich in seiner besten Form eine Herausforderung an den Intellekt, an das logische Denken. Ein Rätsel. Es ist letztlich fast immer ein Denkfehler oder eine Nachlässigkeit, welche den Täter überführen. Daher bin ich u.a. ein Fan von Agatha Christie, deren Kriminalromane fünfzig Jahre nach Erscheinen noch immer faszinieren, menschlich glaubwürdig daherkommen und mit interessanten Schlussfolgerungen aufwarten. Angesichts der Riesenmenge an Brutalität, Gewalt und Kriegsgräueln aus dem richtigen Leben, die uns tagtäglich in den Medien vorgeführt werden, sehe ich es nicht als meine Aufgabe, da noch allzu plastische fiktive Widrigkeiten hinzuzufügen. Ich halte es eher mit Hercule Poirots »grauen Zellen« und den Sinnen, die aktiviert werden sollen.
– Ihre Hauptfigur Adina ist – wie Sie selbst – Cellistin, womit Ihr Buch in einem noch unverbrauchten Milieu spielt. Was für einen Stellenwert haben Musik und Kunst in Ihrem eigenen Leben, und wie viel kriminelles Potenzial steckt in der Musik- und Konzertszene?
Kunst und Musik sind quasi mein Sauerstoff, eine wichtige Voraussetzung für Lebensqualität, aber auch für eine sinnvolle Beschäftigung. Sowohl das Musizieren als auch das Schreiben sind Formen der Kommunikation, verlangen eine Interaktion mit den Zuhörern, den Mitmusikern, den Lesern. Klar sind das vorbereitende Üben und das Schreiben erst einmal Akte konzentrierter Einsamkeit, aber immer mit dem Ziel, das Resultat später fesselnd und überzeugend präsentieren zu können.
Tatsächlich bietet die Musikszene (die Künstlerszene überhaupt) mit ihren oftmals leicht exzentrischen und ichbezogenen Individuen einen ausgezeichneten Schauplatz für Krimis, das fiel mir während meiner Zeit an der Königlichen Oper auf. In einem Opernhaus finden sich die unterschiedlichsten Charaktere unter einem Dach: Balletttänzer, Musiker, Dirigenten, Orchesterchefs, Regisseure, Schneider und Kostümbildner, Maskenbildner, Masseure. Ein kleines Universum, aber mit strikter Hierarchie. Da spürt man Enttäuschung, Irritation, Desillusion, Eifersucht, aber natürlich auch Begeisterung und ein Gefühl des Kollektivs. Ich dachte mir damals, es ließen sich einige Morde im Opernhaus ausdenken; diese Geschichten sind aber noch nicht geschrieben :).
Was mich ebenfalls an der Musik- und Kunstszene lockt, sind die damit verbundenen Szenerien, altehrwürdige Opernhäuser, Privatpaläste, Kathedralen, Klöster, Museen, Bibliotheken…
In meinem »Im Labyrinth des Poeten« setze ich zwei von mir bewunderte, noch lebende Cellisten als Statisten ein. Zum einen meinen Masterclass-Professor, den norwegischen Cellisten Truls Mörk, zum anderen die Schweizer Cellistin Sol Gabetta, die in den letzten Jahren eine unglaubliche Karriere hingelegt hat. Die beiden verankern meine erfundene Adina in der realen Welt.
– Seit dem Erscheinen Ihres Buchs ist inzwischen ein halbes Jahr vergangen. Haben Sie seitdem Eindrücke gesammelt oder gibt es Vorschläge und/oder Kritikpunkte, die Sie mit Ihren Lesern teilen oder Ihnen mitteilen möchten? Was wünschen Sie sich vom deutschsprachigen Buchmarkt und von Ihrer Leserschaft im Speziellen?
Als Erstes stellt man natürlich fest, wie schwierig es ist, mit einem neuen Roman durch das weiße Rauschen des internationalen Buchmarktes zu dringen. Es gibt so viele verschiedene Kanäle, vor allem online, so viele verschiedene Formen des Publishings! Gleichzeitig ist diese Vielfalt natürlich genial, da sich die Geschmäcker ja bekannterweise unterscheiden und sich nicht jeder mit ein paar wenigen Bestsellern zufriedengeben will. Aber viele Bücher müssen erst mirakulös gefunden werden, da keine Riesenwerbemaschinerie dahintersteckt. Es ist viel Eigeninitiative und Selbstmarketing angesagt, selbst wenn man in einem Kleinverlag untergekommen ist. Einladungen zu Lesungen helfen auch weiter, den Roman bekannt zu machen. Die beste Form der Werbung ist in diesem Klima eindeutig die Mundpropaganda. Viele Autoren publizieren im Selbstverlag und tragen einen Großteil der Herstellungskosten selbst. Ich bin dem Latos-Verlag dankbar, dass er meinem Erstling eine Chance gab.
Erfreulich ist das Interesse von allen Kollegen, der Familie und von Freunden in der Schweiz und in Schweden, die mir bereits vor Veröffentlichung des Romans motivierend zur Seite standen und das Buch nun auch tatsächlich kaufen und lesen! Und ich freue mich über alle mir unbekannten Leser, die meinen Roman entdecken und schätzen.
Ich durfte feststellen, dass »Im Labyrinth des Poeten« sowohl Männer als auch Frauen anspricht. Tatsächlich haben mir Leser geschrieben, dass sie nach Beendigung des Romans gleich nochmals von vorne angefangen hätten, um noch eine Weile länger in Adinas Welt verweilen zu können. Ein Kompliment, das mich ganz besonders glücklich macht.
– Was können wir von der Autorin Eva Maria Hux in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?
Ich stecke mitten in einem neuen Romanprojekt – das aber angesichts meiner Konzerttätigkeit ab und zu warten muss. Es wird weniger ein Krimi als ein Drama, eine Familiengeschichte, die drei Generationen umspannt und wiederum beweist, dass die Vergangenheit lange Schatten wirft. Bevor ich mich aber zu einer Publikation entscheide, werde ich erst einmal das Urteil meiner Testleser abwarten. In der Schublade warten auch noch diverse Kurzkrimis mit Schweizer Lokalkolorit, die irgendwann gerne das Licht der Öffentlichkeit erblicken würden.
Ich denke, ein Grundanliegen von uns Menschen ist es, selbst etwas zu erschaffen und nicht nur zu konsumieren. Persönlich spüre ich, dass mir das aktive Musizieren wie auch das Schreiben Zufriedenheit schenken.
Und nun noch als Teaser für alle, die neugierig geworden sind: Wer einen meiner Kurzkrimis lesen möchte, findet zurzeit mein »Tauwetter« gratis online auf der Schweizer Pendler-App Brotseiten. Sehr schön aufgemacht und spannend vertont!
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