(ots) - Wissenschaftler aus ganz Deutschland plädieren
dafür, "die erheblichen finanziellen Mittel, die Jahr für Jahr für
das Betreuungsgeld ausgegeben werden, in die Verbesserung der
Qualität der öffentlichen Bildungs- und Betreuungsinstitutionen und
die Intensivierung ihrer Elternarbeit zu investieren." So heißt es in
einer Stellungnahme zum heutigen Urteil des
Bundesverfassungsgerichts, welches das Betreuungsgeld für
verfassungswidrig erklärt hat. Die 24 Unterzeichner, darunter die
Soziologen Klaus Hurrelmann und Michaela Kreyenfeld von der Hertie
School of Governance, sehen in dem Richterspruch eine Chance zum
Umsteuern.
Das Betreuungsgeld stehe für eine in sich widersprüchliche
Familien- und Bildungspolitik: "Weil die Politik sich nicht
entscheiden kann, ob sie die Kinder primär über eine Förderung der
Eltern oder auch durch eine ergänzende Förderung der Betreuungs- und
Bildungsinstitutionen unterstützen möchte, schafft sie ambivalente
Anreize sowohl für die Eltern als auch für die Institutionen." Die
Forschung, einschließlich der von der Bundesregierung selbst in
Auftrag gegebenen "Gesamtevaluation ehe- und familienpolitscher
Leistungen", zeige übereinstimmend, dass die öffentliche Förderung
der Kindertagesbetreuung die wirksamste aller staatlichen Maßnahmen
sei. Hingegen stelle das Betreuungsgeld auch wirtschaftlich einen
Fehlanreiz dar: Statt es für einkommensschwache Elternhäuser
attraktiv zu machen, keine öffentlich unterstützten Bildungs- und
Betreuungsangebote wahrzunehmen, müsse die Politik die enge
Kooperation von Elternhaus und Einrichtungen fördern. Gerade für
Kinder aus anregungsarmen Familien läge darin ein Gewinn, während
gleichzeitig die zentrale Rolle der Eltern als Erziehungs- und
Bildungsverantwortliche gestärkt würde.
Die Stellungnahme wurde von namhaften Vertretern der
Erziehungswissenschaft, Medizin, Psychologie, Ökonomie,
Rechtswissenschaft und Soziologie verfasst. Sie hatten sich bereits
vor der Einführung des Betreuungsgeldes in einem offenen Brief vom
13. August 2012 gegen die Maßnahme ausgesprochen.
Sie finden die Stellungnahme unter
http://bit.ly/stellungnahme-professoren-betreuungsgeld.
Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte,
private Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend
qualifizierte junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen
Bereich, in der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft
vorzubereiten. Mit interdisziplinärer Forschung will die Hertie
School zudem die Diskussion über moderne Staatlichkeit voranbringen
und den Austausch zwischen den Sektoren anregen. Die Hochschule wurde
Ende 2003 von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung gegründet und wird
seither maßgeblich von ihr getragen.
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