(ots) - Beginnen wir ganz unjournalistisch mal mit einem
Randaspekt: Mit dem Aus für das Betreuungsgeld wird die CSU nun
endgültig zu einem Betreuungsfall der großen Schwesterpartei. Denn
die bundespolitische Bedeutung der Christsozialen resultiert
inzwischen nur noch daraus, Mehrheitsbeschafferin für die Kanzlerin
von der CDU zu sein. Als eigenständige Kraft in der Koalition sind
sie kaum noch erkennbar. Sie können von Glück reden, wenn Angela
Merkel sie einigermaßen pfleglich behandelt. Die wichtigsten
konservativ-populistischen Projekte der CSU, gegen eine Mehrheit der
Vernunft in den anderen Regierungsparteien durchgesetzt, verstoßen
wahlweise gegen das Grundgesetz (Betreuungsgeld) oder, mutmaßlich,
gegen europäisches Recht (Pkw-Maut für Ausländer). Die CSU schrumpft
damit auf das Niveau einer bayerischen Regionalpartei, oder genauer:
Dieses Niveau wird jetzt klarer erkennbar. Viel wichtiger als diese -
zugegebenermaßen genüsslich notierte - machtpolitische Fußnote sind
freilich die familienpolitischen Hoffnungen, die aus dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts resultieren. Das Hauptargument ist zwar ein
formales: Der Bund ist schlicht nicht zuständig. Die Richter sagten
aber auch: Es gibt keine Pflicht des Staates, die
Nicht-Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung zu kompensieren. Ein
Betreuungsgeld, das Eltern bekommen, weil sie ihre Kinder nicht in
eine Staats-Kita schicken, wäre also verfassungsrechtlich in etwa so
sinnvoll wie ein finanzieller Ausgleich für jene, die nicht ins
staatlich subventionierte Theater gehen. Hinzu kommen die falschen
Anreize. Was würde der Theatermuffel mit einer solchen
Kompensationszahlung machen? Bücher kaufen? Was machen jene Eltern,
die sich gegen eine Kita entscheiden, mit den 150 Euro? Und was heißt
hier eigentlich "entscheiden"? Dass diese 150 Euro eine Wahlfreiheit
herstellen, wie die CSU behauptet, klingt in den Ohren jener Eltern,
die auch noch im Jahre zwei des Rechtsanspruchs vergeblich nach einem
Kita-Platz für ihr Kind suchen, wie Hohn. Für sie liegt auf der Hand,
was mit den 900 Millionen Euro passieren sollte.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de