(ots) - Immer mehr Menschen in Niedersachsen wehren sich
dagegen, für den Ausbau von Straßen zur Kasse gebeten zu werden. Nach
Recherchen des NDR Regionalmagazins "Hallo Niedersachsen" im NDR
Fernsehen haben sich inzwischen mehr als 50 Bürgerinitiativen
gegründet, die gegen die so genannten Straßenausbaubeitragssatzungen
mobilisieren, da sie von ihnen als "Abzocke" empfunden wird. Mit
einer solchen Satzung können sich die Kommunen bis zu 75 Prozent der
Straßenausbaukosten von den Anwohnern zurückholen. Allerdings: Nicht
alle Kommunen haben eine solche Satzung.
Eine Umfrage von "Hallo Niedersachsen" unter allen Gemeinden im
Land hat ergeben: Ein Drittel der niedersächsischen Kommunen
finanziert den Straßenausbau auf andere Weise, z. B. über die
Grundsteuer. Damit werden die Kosten auf alle Immobilienbesitzer
einer Gemeinde verteilt anstatt auf wenige Hauseigentümer in der
jeweils betroffenen Straße.
Für die Umfrage hatte die Redaktion von "Hallo Niedersachsen" nach
aktuellen Daten des Statistischen Landesamtes die mehr als 970
niedersächsischen Gemeinden angeschrieben. Mehr als 930 haben
geantwortet. Aus ihren Angaben ergibt sich das Bild eines
Flickenteppichs, bei dem es vom Zufall des Wohnorts abhängt, ob man
als Bürger für die Erneuerung maroder Straßen zahlen muss oder nicht.
Vor allem in ländlichen Gegenden kommt es durch die Abgabe oft zu
Härtefällen. So ist in der friesischen Gemeinde Zetel eine 87-jährige
Witwe betroffen, für die die Straßenerneuerung möglicherweise
existenzbedrohend ist. Luise Ging soll nach jetzigem Stand geschätzte
11.000 Euro aufbringen: "Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Ich habe
das Geld nicht und in meinem Alter bekomme ich keinen Kredit mehr",
sagte sie dem NDR Regionalmagazin "Hallo Niedersachsen". Sie habe
jetzt Angst, ihr Haus zu verlieren.
"Das ist modernes Raubrittertum", so Werner Eggers vom Verein für
gerechte Kommunalabgaben. Zum einen würden einzelnen Anliegern Kosten
für Straßen aufgedrückt, die viele nutzen. Zum anderen seien viele
Straßen vorher nicht angemessen unterhalten worden: "Man hat
jahrelang die Straßen verkommen lassen und bittet dann die Anlieger
zur Kasse." Bürgermeister weisen diesen Vorwurf zurück. Viele von
ihnen halten die Straßenausbaubeitragssatzung für gerecht, da die
Anlieger einen Vorteil durch die erneuerten Straßen hätten.
Das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz gibt Gemeinden die
Möglichkeit, Straßenausbaubeiträge zu erheben. Die Höhe der Beiträge
richtet sich nach dem Verkehrsaufkommen in der Straße. Handelt es
sich um eine reine Anliegerstraße, werden die Hauseigentümer mit bis
zu 75 Prozent beteiligt. Handelt es sich um eine Durchgangsstraße mit
starkem innerörtlichem Verkehr, müssen die Anlieger bis zu 40 Prozent
der Kosten zahlen.
Die Straßenausbaubeitragssatzung greift nur bei der
Grunderneuerung von Straßen, nicht jedoch bei einem bloßen Austausch
der Fahrbahndecke. Solche Instandhaltungskosten muss die Gemeinde
tragen. Kritiker der Satzung vermuten daher, dass manche Gemeinden
lieber erneuern als instandhalten, weil sie die Kosten dann zu einem
Großteil auf die Anlieger umlegen können. Bürgermeister bestreiten
das und betonen, dass Straßen regelmäßig ausgebessert würden.
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